An:

Stadt Halle (Saale)
Beigeordneter
Herr Uwe Stäglin
Marktplatz 01
06108 Halle (Saale)

nachrichtlich
an alle Fraktionen des Stadtrates der
Stadt Halle (Saale)

An den Oberbürgermeister
der Stadt Halle (Saale)
Herrn Dr. Bernd Wiegand

Petition zum Erhalt aller Linden in der Fiete-Schulze-Straße/Erhalt der Lindenallee.

Sehr geehrter Herr Stäglin,

wenn man den Mitteilungen in den Medien Glauben schenken sollte, beabsichtigen Sie ab 01.03.2013 die Fällung von 97 Linden in der Fiete-Schulze-Straße vorzunehmen und somit die Zerstörung einer etwa 100jährigen, ökologisch bedeutsamen und stadtbildprägenden Lindenallee zu verantworten. Dagegen möchten der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) und die Initiative „Pro Baum“ per Petition Einspruch erheben. Begründung:
Wie einst in der Otto-Stomps-Straße hat die ca. 100jährige Lindenallee in der Fiete-Schulze-Straße einen ökologisch bedeutsamen und stadtbildprägenden Charakter. So tragen die Bäume umfassend zur flächendeckenden Sauerstoff- und Frischluftversorgung des ansonsten eher gehölzarmen Teils des Stadtteiles bei. Daher genießen Alleen auf der Basis des § 21 Naturschutzgesetzes Land Sachsen-Anhalt in Verbindung mit § 29 Bundesnaturschutzgesetz einen entsprechenden gesetzlichen Schutz. Darüber hinaus dienen die Bäume als Brut- und Schlafplatz für zahlreiche Tierarten. In dem Zusammenhang ist uns nicht bekannt, inwieweit eine FFH-taugliche Untersuchung dahingehend stattgefunden hat, ob gefährdete bzw. bedrohte Tierarten, wie z.B. der Eremit, Einzug in die Bäume gehalten haben könnten. Insofern ist auch das als problematisch anzusehen. Hinsichtlich der immer wieder angeführten eingeschränkten bzw. gar fehlenden Verkehrssicherheit sei folgendes angemerkt: Die uns vorliegenden Einschätzungen des Herrn Dengler gehen erst von Standsicherheitsproblemen aus, wenn entsprechende Baumaßnahmen weitere Einschränkungen des Wurzelraumes hervorrufen und sich auf Bordsteinkanten aufstützende Wurzeln ihre Stützen durch Verlust der Bordsteine verlören. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass es natürlich wachstums- und Vitalitätseinschränkungen bei etwa 100jährigen Bäumen gibt. Jedoch gerade das Alter und der weitgehend geschlossene Baumbestand bilden die Grundlage für die besonders herausgehobene stadtbildprägende und ökologische Bedeutung der Bäume. Der Gegensatz der unbegründet gefällten Linden in der Otto-Stomps-Straße lässt das deutlich erkennen. Auch sei darauf verwiesen, dass alle Linden ohne Probleme sämtliche Sturmereignisse überstanden haben. Selbst die einst bereits auf rechtswidrige Art und Weise freigegrabenen, nunmehr gefällten Linden in der Otto-Stomps-Straße, zeigten bis zum Schluss Standfestigkeit. Abgesehen davon, dass trotz massiver Eingriffe im Rahmen des Trinkwasserrohrbaus im Jahre 2006, offenbar eine Erholung der Wurzeln eingetreten sein muss. Insofern kann die Begründung der fehlenden Standfestigkeit keinesfalls
fachlich-inhaltlich und sachlich greifen. Der Gutachter hat Lebenserhaltungszeiträume bei 60 % von max. 10 bis 15 Jahren sowie bei den anderen 40 % von max. 5 – 8 Jahren angegeben. Dabei fanden möglicheVerbesserungen im Wurzelraum nicht ausreichend Berücksichtigung. Ebenso fehlen Angaben zu Vorschlägen zur baulichen Umplanung und zu durchaus möglichen sanfteren Baumpflegeschnitten. Nach eigener Inaugenscheinnahme, anders hat unseres Erachtens der Gutachter hier auch nicht seine Einschätzung formuliert, reichen momentan die Entfernung von Totholz, Beseitigung von beschädigten Ästen und Zweigen sowie ein umfassender Nachschnitt von Auskugelungen, Ausbrüchen und in der Vergangenheit fehlerhaft vorgenommener Schnittmaßnahmen aus. Die Notwendigkeit
größerer Eingriffe –schon gar nicht im Zeitraum zwischen dem 01.03. und 30.09.- sind zur Zeit nicht erkennbar. Auf Grund dessen bitten wir um Prüfung folgender Alternativmöglichkeiten:

  • Reduzierung des Ausbaumaßes auf die zu erwartende verkehrliche Bedeutung der Straße. Das bedeutet Einrichtung zweier angemessener Randstreifen mit Ausweitung der Baumscheiben auf Straßenseite und Belassen eines wenigstens teilweise durchlässigen Pflasters zur Wasser- und Luftversorgung der Wurzeln. Die überwachsenden Bordsteine sollten am Standort verbleiben. Dieser Streifen könnte zudem als Parkstreifen fungieren.
  • Angemessener Umbau der Fußwege, welche so ausreichend sind, wenn sich zwei Personen gegenläufig begegnen können.
  • Maximale Entfernung von Totholz und bereits stark beschädigten Ästen, welche in den Fahrraum hineinreichen. Die Auswahl sollte unter strenger Regie der unteren Naturschutzbehörde und sachkundiger Bürgerinnen bzw. Bürger zusammen mit dem Tiefbauamt und dem Bauausführenden erfolgen. Ein entsprechendes Begehungsprotokoll gilt es zu fertigen. Weitere Schnittmaßnahmen sind außerhalb des Zeitraums vom 01.03. bis 30.09. vorzunehmen.
  • Umfassender Schutz der Bäume im Stamm-, Kronen und Wurzelbereich. Arbeiten in der Nähe der Wurzelbereiche haben grundsätzlich zu unterbleiben und bei eindeutig nachgewiesener Notwendigkeit per Handschachtung zu erfolgen.

Sehr geehrter Herr Stäglin, die Lösungsfindung zum Preßlersberg hat gezeigt, dass es auch möglich ist, gemeinsam Lösungswege zu suchen und zu finden, welche letztendlich umsetzbar sein können und einen guten Ansatz von gelebter Demokratie darstellt. Diesen Ansatz gilt es nach unserer Auffassung auch bei der Entwicklung der Fiete-Schulze-Straße zu Grunde zu legen. Eine Fällung aller Linden ist nach unserer Ansicht nicht nötig und planungs- sowie bautechnisch vermeidbar. In Anknüpfung an den positiven Verlauf des Dialogs zum Preßlersberg appellieren wir an Sie alle Aktivitäten zur Fällung der mindestens 97 Linden zu stoppen und mit allen Interessenten, Beteiligten und Verantwortlichen ein lösungs- und sachorientiertes Gespräch zu suchen.

In dem Sinne
mit freundlichen Grüßen
Andreas Liste
Vorsitzender des AHA
und vorsitzendes Mitglied
des Sprecherrates der
Initiative „Pro Baum“