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Tiere sind keine Feinde der Menschen Update 07.01.2015

In den letzten Jahren beschäftigt sich die Öffentlichkeit im verstärkten Maße mit der Verbreitung und dem Verhalten von Tieren. Mal sind es Schwarz-, Rot- und Rehwild, denen man unterstellt ganze Wälder leer zu fressen, dann sind des Wölfe und Füchse, die nichts Besseres zu tun haben als Menschen zu bedrohen und in ihrer gnadenlosen Bösartigkeit Schafe und Ziegen reißen. Nun hat die „Mitteldeutsche Zeitung“ einen weiteren Vertreter der unbelehrbar, bösen Tierwelt entdeckt. In Ihrer Ausgabe vom 05.01.2015 schildert Ralf Böhme großflächig auf Seite 3 die „Angriffe aus der Luft“, welche Rabenvögel verüben.

Die dort dargelegten Schilderungen legen nur eins nah, wir müssen diese Bestien unbedingt beseitigen. Zudem maßen sich die Rabenvögel nämlich an Futter zu besorgen, zu nisten und sich auch noch zu vermehren. Das tun diese Untiere einfach so und zwar ohne den Menschen um Erlaubnis zu fragen. Da ist es nur folgerichtig diese Tiere zu schießen, Feuerwehren ausrücken zu lassen, um ihre Nester von den Bäumen herunter zu holen. Dann gibt es noch die ganz Pfiffigen, welche gleich die Bäume mit fällen wollen, damit diese Satansgeschöpfe den Menschen nicht weiter zu nahe rücken und bedrohen können. Als Nachweise dienen ausgeräumte Kekstüten, ein attackierter Fahrrad fahrender Angler, angehackte Äpfel an Bäumen und ein auf dem Balkon abgelegter Weihnachtsbraten. Natürlich gehören die geschilderten Ereignisse nicht zu der Kategorie angenehmes Erlebnis. Nur tun das die Tiere, weil sie den Mensch als Feind betrachten und ihn schaden möchten ?

Alleine die im Artikel geschilderten Ereignisse lassen übereinstimmend deutlich erkennen, dass es den Vögeln lediglich darum ging schnell und einfach an Nahrung zu gelangen. Es ist erstaunlich, dass das man derartig mit Verwunderung bis Hass auf das vollkommen natürliche Verhalten der Tiere quittiert. Dabei ist seit Jahrhunderten bekannt, dass Rabenvögel zu den sehr gelehrigen Tieren gehört und dementsprechend handeln. Zu allererst sollten sich die Menschen darüber Gedanken machen, dass sie seit Jahrhunderten immer mehr den Lebensraum von Tieren und Pflanzen einschränken und dadurch sowie einer damit eng verbundenen massiven Bejagung der Tierwelt massiven Schaden zugefügt haben. Alleine in der Bundesrepublik Deutschland umfasst die tagtägliche bundesweite Flächenneuversiegelung laut Statistischem Bundesamt und Umweltbundesamt etwa 81 ha, was in etwa 116 Fußballfeldern und im Jahr in etwa der Fläche der Stadt München entspricht.

Ferner reduziert die zunehmende strukturelle Verarmung der Landschaften Nahrungs- und Lebensraum von Fauna und Flora. Während ein Teil unserer Tierwelt unbemerkt von dem Großteil der Bevölkerung immer mehr aus Natur und Landschaft verschwinden, versucht der andere Teil durch teilweise oder vollständige Kulturfolge zu überleben. Zu Letzterem zählen unweigerlich die gelehrigen und zumeist sehr anpassungsfähigen Rabenvögel.

Nun bietet der menschliche Lebensraum viel mehr Möglichkeiten zur Nahrungssuche, als die immer mehr verarmende und räumlich eingeschränkte Natur und Landschaft. Dazu zählen Müllkippen, im mangelnden Ordnungssinn begründet, unachtsam öffentlich weggeworfene Essenreste, aber auch Handlungsweisen, welche Tiere regelrecht einladen. Die in dem Artikel geschilderten Erlebnisse gehören eindeutig dazu. Der Spruch Gelegenheit macht Diebe trifft nicht nur auf den Menschen, sondern zweifelsohne auch auf Tiere zu. Anstatt sich Gedanken zu erarbeiten, wie die massive Einschränkung von Lebens- und Nahrungsraum nicht nur durch die Einschränkung bis Beendigung der rasant voranschreitenden Flächenneuversiegelung und –neuzerschneidungen zu stoppen ist, so ein Rückbau von Bodenversiegelungen und Zerschneidungen der Landschaft erfolgen kann, eine nachhaltige Land- und Forstwirtschaft möglich erscheint sowie Schutzgebiete auch als Schutzräume für die Natur zu begreifen und zu akzeptieren, versuchen sich Behörden zu rechtfertigen, warum sie „nur“ begrenzt Eingriffen in den Lebensraum zugestimmt haben.

Eine derartige Entwicklung ist besorgniserregend und verdeutlicht die Ergebnisse zunehmender Missachtung einfachster Verhaltens- und Handlungsweisen in Sachen Umwelt-, Natur- und Landschaftsschutz. Dazu trägt die zunehmend in trauter Einigkeit von öffentlichen Einrichtungen und Behörden sowie „Investoren“ verbreitete unwissenschaftliche Ansicht, dass der ordnungsgemäße Schutz von Natur, Umwelt und Landschaft einem Wirtschaftswachstum entgegensteht. Nur wer für kurz- oder langfristiges Profitstreben Natur und Landschaft opfert, vergisst dabei, dass somit die Lebensgrundlagen alles Lebens zur Disposition steht. Modernes Wirtschaften weiß das einzuordnen. Ferner verdeutlicht der Artikel, dass die vollkommen vernachlässigte Umweltbildung in allen Bereichen des Lebens ihre ersten bitteren Früchte trägt. Momentan versuchen zumeist ehrenamtliche und gemeinnützige Umwelt- und Naturschutzvereine –so auch der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) – mit mehr oder minder Erfolg die Defizite auszugleichen. Dabei gehört der Schutz, Erhalt. Achtung und Wertschätzung von Umwelt, Natur und Landschaft zu den gesamtgesellschaftlichen Aufgaben. Aufgaben, welche ohne umfassende Umweltbildung und damit verstärkte öffentliche Bewusstseinsschärfung nicht zu bewältigen ist. Eine der ersten Lektionen dabei ist auf jeden Fall die grundsätzliche Erkenntnis, dass Tiere bestimmt nicht als Feinde des Menschen zu sehen sind. Das dies umgekehrt bei Weitem noch lange nicht funktioniert und noch sehr viel Bildungsarbeit sowie entsprechendes politisches und administratives Handeln notwendig erscheint, hat besagter Artikel klar und unmissverständlich verdeutlicht.

Nachtrag vom 07.01.2015:

Der Artikel der im Beitrag genannt wird: Angriffe aus der Luft: Immer mehr Raben in Sachsen-Anhalt