Mit fortgesetzter großer Sorge und Unverständnis hat der Arbeitskreis Hallesche Auen-wälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) die Medienberichte aufgenommen, dass die Stadt Halle (Saale) im Rahmen eines neuen Verkehrsentwicklungsplanes (VEP) einen weite-ren Saaleübergang plant. Die nunmehr vier sogenannten Vorzugsvarianten im halle-schen Norden unweit des Hafens, zweimal auf der Peißnitzinsel sowie südlich der Renn-bahn erscheinen für den AHA aus mehreren Gründen sehr problematisch.
Im Norden der Stadt Halle (Saale) befinden sich eingebettet zwischen dem Landschafts-schutzgebiet Dölauer Heide, den Naturschutzgebieten „Brandberge“,”Porphyrland-schaft bei Brachwitz“ und „Forstwerder“ sowie dem Geschützten Landschaftsbestandteil im Bereich der Götschemündung der Saalwerder mit seiner ausgedehnten und vielfäl-tigen Saaleauenlandschaft, wozu das flächenhafte Naturdenkmal „Saaleuferstreifen nördlich Kröllwitz“ gehört. Ebenso bedeutsame Entwicklungsräume bilden der Kröllwit-zer Graben, ein Restbestand einer kleineren Streuobstwiese im Westteil des Gebietes die Gehölzbestände bestehend z.B. aus Stiel- und Traubeneiche sowie Feld- und Flat-terulme am Westrand des Gebietes, wo der Obere Hallesche Porphyr zu Tage tritt. Der angrenzende Raum bis zur Kiesgrube mit seinen Feucht- und Sukzessionsgebieten, die Kiesgrube selbst sowie die Feuchtgebiete südlich der Kiesgrube zählen ebenso dazu. Diese arten- und strukturreichen Landschafts- und Naturbestandteile, zudem im Land-schaftsschutzgebiet „Saaletal“ gelegen, besitzen noch umfassende weitere potenzielle Entwicklungsräume, wozu das umfassende Gelände der früheren Schweinemastanlage am Ende der Äußeren Lettiner Straße sowie die landwirtschaftlich intensiv genutzten Flächen nördlich des Naturschutzgebietes „Brandberge“ und im Saalwerder gehören.
An dieser Stelle sei nochmals dringlich auf das im Jahre 1998 von Stefanie Klose im Rahmen einer Diplomarbeit am Lehrgebiet Landschaftsplanung und Landschaftsöko-logie an der Universität – Gesamthochschule Paderborn, Abteilung Höxter erstellte „Pflege- und Entwicklungskonzept für den Saalwerder in Halle/Saale“ hingewiesen, wel-ches auch dem AHA vorliegt.
Die ca. 60 ha große Saaleinsel Peißnitz gehört zu den bedeutsamsten Bestandteilen der halleschen Saaleaue und befindet sich im ca. 2.300 ha Landschaftsschutzgebiet Saale-tal. Der Name Peißnitz rührt vom sorbischen Namen Pusteniza (Einöde, Findling) her und drückt aus, welche Rolle die Peißnitz vor Jahrhunderten spielte. Besonders schützenswert sind auf der ca. 2.000 m langen und ca. 200 bis 300 m breiten Peißnitzinsel ein ca. 10 ha großes Naturschutzgebiet (NSG) und Schutzgebiet nach der europäischen Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Richtlinie im Norden und ein etwa 3 ha gro-ßen Geschützten Park im Süden sowie große Teile am Saaleufer und angrenzend an die Schutzgebiete ausgedehnte Auenwald- und Wiesenbereiche anzusehen. Somit dient die Saaleinsel als Lebens- und Rückzugsraum für zahlreiche Tier- und Pflan-zenarten in der Stadt Halle (Saale).
Das Planungsgebiet südlich der Rennbahn gehört mit seinen Restauenwäldern und Suk-zessionsgebieten aus Hart- und Weichholz, Wiesen- und Schilfflächen sowie Feuchtge-bieten zu den wertvollsten und schützenswerten Landschaften und Naturgebieten im halleschen Raum. Nicht umsonst gehört das Gebiet weitgehend zum Naturschutzgebiet „Rabeninsel und Saaleaue bei Böllberg“, welches zudem einen Schutzstatus nach der europäischen Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Richtlinie besitzt.
Die drei Planungsgebiete bilden ferner einen sehr bedeutsamen Raum für Hochwasser, Biotop- und Grünverbund sowie fungieren als Kaltluftentstehungsgebiete und Kaltluft-korridore. Ebenso nutzt die Bevölkerung diese Gebiete zur Erholung und Entspannung.
Ein VEP hat genau das zu berücksichtigen.
Darüber hinaus zeigt ein Blick auf die Bevölkerungsentwicklung, wie sie die Verwaltung der Stadt Halle (Saale) darstellt, dass der momentane Bevölkerungsanstieg im Jahre 2013 in etwa das Niveau der Jahre 1980 und 2007 erreicht hat.
1960 | 277.855 |
1970 | 257.300 |
1980 | 232.294 |
1990 | 309.406 mit Zusammenschluss der Städte Halle und Halle-Neustadt im Mai 1990 |
1991 | 305.451 |
1992 | 300.536 |
1993 | 295.741 |
1994 | 289.909 |
1995 | 282.349 |
1996 | 275.604 |
1997 | 267.776 |
1998 | 259.925 |
1999 | 253.224 |
2000 | 246.450 |
2001 | 241.710 |
2002 | 237.951 |
2003 | 238.078 |
2004 | 237.093 |
2005 | 235.959 |
2006 | 233.874 |
2007 | 232.267 |
2008 | 230.900 |
2009 | 230.377 |
2010 | 230.831 |
2011 | 231.639 |
2012 | 232.535 |
2013 | 232.705 |
Nach Auffassung des AHA rechtfertigt die Bevölkerungsentwickung keinesfalls eine der-artige Verkehrsplanung. Offensichtlich halten Halles Verkehrsplaner noch immer an dem extensiven Verkehrsentwicklungsdenken der 60er- und 70er Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts fest. Genau aber ein derartiges Herangehen hat zum derzeitigen Klima-wandel, rasanten Flächenfrass, zur verstärkten Verlärmung sowie zu ansteigenden Be-lastungen mit Abgasen und Feinstaub beigetragen. Alternativ verstärkt u.a. auf Bahn-verkehr, Öffentlichen Personennahverkehr und Radfahren zu setzen scheint noch nicht im erforderlichen Umfang bei den halleschen Stadtplanern angekommen zu sein. Dabei müsste eigentlich schon zu bedenken gegeben, dass laut Umweltbundesamt und Statis-tischem Bundesamt bundesweit noch immer eine tagtägliche Neuversiegelung im Um-fang von 81 ha statt, was in etwa 116 Fußballfeldern bzw. im Jahr zirka der Fläche der Stadt München entspricht.
Der AHA hat die Vermutung, dass die hallesche Stadtplanung offenbar u.a. von einem vermehrten Zustrom von Autoverkehr im Falle des Weiterbaus der BAB 143 ausgeht. Ferner möchte man offenkundig schnellstmöglich der massiven Lobbyarbeit der Bür-gerinitiative „Hochstraße“ nachgeben.
Für den AHA steht jedoch fest, dass die Prüfung neuer Saalebrücken in Halle (Saale) sofort zu stoppen gilt, um den zusammenhängenden Schutz, Erhalt und Entwicklung von Natur, Landschaft, Umwelt, Klima und Hochwassereinzugsgebieten sowie die Si-cherung von Räumen für eine umwelt- und naturverträgliche Naherholung für die Be-völkerung gewährleisten zu können.
Alternativ hält der AHA es für dringend erforderlich, dass die Stadt Halle (Saale) ihr verstärktes Augenmerk auf Verkehrsvermeidung sowie Beförderung des Öffentlichen Personen- und Schienennahverkehrs, des Fortbewegens mit dem Fahrrad und zu Fuß lenkt. Darüber hinaus sollte sich die Stadt Halle (Saale) für eine Förderung und Stär-kung des regionalen und überregionalen Bahnverkehrs einsetzen.
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