Der Samstag, der 12.01.2019 ist ein Wintertag mit Schnee im Wald und vereinzelten Regenschauern. An diesem Tag fanden sich am Treffpunkt am Zugang zur Prinzenschneise an der B 85 – Buttelstedter Straße zwischen Weimar-Schöndorf und Großobringen zur Neujahreswanderung in das Naturschutzgebiet „Prinzenschneise“ am Ettersberg in und bei Weimar Personen ein, um an der geplanten Neujahreswanderung teilzunehmen.

Ausgangspunkt der Veranstaltung waren folgende Feststellungen:
Der AHA ist der Auffassung, dass ein dauerhafter Schutz und Erhalt des von Arten- und Strukturreichtum, aber auch historischer Verantwortung geprägten 17 km² großen Ettersberg mit seinen 3 Naturschutzgebieten Rautenschlag (19 ha), Prinzenschneise (88 ha) und Südhang Ettersberg (408 ha) gewährleisten zu können. Ferner befindet sich der größte Teil der Landschaft im EU-Vogelschutzgebiet Ackerhügelland und im FFH-Gebiet Nr. 45 „Großer Ettersberg“ dringend geboten ist.

In dem Zusammenhang sei daran erinnert, dass u.a. in einer Begehung am 26.07.2017 im Bereich des Naturschutzgebietes „Prinzenschneise“ die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Spuren von massiven bisherigen forstwirtschaftlichen Eingriffen mit deutlichen Spuren in Form von etwa alle 20 m von der Prinzenschneise nach Norden und Süden in den Wald gefrästen Rückegassen, gefällten Bäumen und zerfahrenen Waldböden und Wegen feststellten.

Darüber hinaus erfolgten auch Abholzungen, welche zu umfassenden Lichtungen führten. Selbst vor dem Naturschutzgebiet „Prinzenschneise“ machten die Abholzungsmaßnahmen des Forstes keinen Halt.
Auf Grund der Tatsachen, dass es sich hier um NSG und ein FFH-Gebiet handelt, leiten sich zwingende Notwendigkeiten ab, wozu ein Verschlechterungsverbot gehört. Die bisher durchgeführten massiven Abholzungen, denen offensichtlich Traubeneichen, Winterlinden, Eschen, Salweiden, Bergahorne und Birken zum Opfer fielen, widersprechen dem ebengenannten Ansinnen. Nach Auffassung des Arbeitskreises Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) gilt es daher in derartigen schutzwürdigen Gebieten vorrangig eine naturnahe Entwicklung zuzulassen. Die immer vom Forst vorgetragene Behauptung, dass nur forstwirtschaftliche Maßnahmen die Vermehrung und Entwicklung von Stiel- und Traubeneiche ermöglichen, ist nicht korrekt. Abgesehen davon, dass die Fällungen und der Einsatz von schwerer Räumtechnik die Struktur der Wälder stören bzw. gar zerstören, entziehen Bodenverdichtungen und übermäßige Lichteinträge die besonderen Entwicklungsmöglichkeiten der empfindlichen und langsam wachsenden Stiel- und Traubeneichenjungbäume. Verschärfung erfährt die Situation, dass auf Grund hoher Nährstoffeinträge Staudenkulturen und verstärkt Spitz- und Bergahorn Einzug halten.

Beide Eichenarten benötigten Halbschatten, um keimen und sich entwickeln zu können. Vereinzelt umstürzende Bäume schaffen dafür ausreichend Raum. Ferner bieten Waldrandbereiche und bestehende Kleinlichtungen sehr guten Entwicklungsraum. Erfreulicherweise konnte damals die Exkursionsgruppe zudem mehrere Bestände an Jungbäumen der Traubeneiche feststellen.

Darüber hinaus dienen Wälder durch Aufnahme von Kohlendioxid sowie der Abgabe von Sauerstoff und Wasser als Teil einer dringend notwendigen Klimaregulierung und gehören somit zum bedeutsamen und unersetzlichen Teil des Klimaschutzes. Ferner dienen Wälder der Naherholung für die einem vielfältigen Stress ausgesetzte Menschheit. Ebenfalls fungieren sie als sehr bedeutsamer Lebens- und Rückzugsraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten sowie spielen bei dem Schutz, dem Erhalt und der Entwicklung von Biotop- und Grünverbundräumen eine sehr wichtige Rolle.

Insofern ist eine andere Herangehensweise in den vielfältigen Schutzgebieten dringend nötig. Dazu zählt nunmehr ausschließlich die naturnahe und sukzessive Entwicklung der Waldgebiete am Ettersberg –insbesondere in den drei Naturschutzgebieten, im EU-Vogelschutzgebiet Ackerhügelland und im FFH-Gebiet Nr. 45 „Großer Ettersberg“ – zuzulassen. Eine Einstellung der Forstwirtschaft ist zudem nicht nur ein Ausdruck eines aktiven Schutzes von Umwelt, Natur und Landschaft sowie der Förderung eines nachhaltigen Tourismus, sondern ebenfalls ein Gebot der historischen Demut gegenüber der naheliegenden Gedenkstätte Buchenwald.

Von daher fordert der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) den Freistaat Thüringen, die Stadt Weimar und den Landkreis Weimarer Land weiterhin auf, diese obengenannten Ansinnen endlich zu respektieren.

Die von der Bürgerinitiative pro Ettersberg auf der Petitionsplattform Change org. geschaltete die Petition „Schützen Sie den Buchenwald auf dem Ettersberg bei Weimar vor forstlicher Ausbeutung!“ hatte letztendlich 46.949 Unterschriften erreicht. Nur so ist es im konkreten Fall weiterhin möglich den Thüringer Landtag zum Handeln zu bewegen und die Thüringer Staatsregierung zu einem nachhaltigen Schutz und Erhalt des Waldgebietes Ettersberg als Teil eines umfassenden Biotopverbundes mit bewaldeten Erosionstälern, Gebüschen und ausgedehnten Streuobstwiesen zu drängen sowie die forstwirtschaftlichen Beeinträchtigungen zu beenden.
Das war letztendlich auch Inhalt der Anhörung im Thüringer Landtag am 02.02.2018.

Zu Beginn der Neujahreswanderung im Bereich des Naturschutzgebietes „Prinzenschneise“ in Weimar am Samstag, den 12.01.2019 stellte die Exkursionsgruppe eine umfassende Vermüllung im Wegebereich sowie eine defekte Schrankenanlage fest, welche zudem deutliche Spuren von Umfahrungen zeigte. Hier war man sich schnell einig, dass der Müll zu beseitigen und die Verursacher festzustellen und zu belangen sind sowie eine vollständige Wiederherstellung einer wirksamen Absperrung dringend geboten ist. Ferner ist in zum Beispiel in dem Bereich des Zugangs zur Prinzenschneise an der B 85 – Buttelstedter Straße zwischen Weimar-Schöndorf und Großobringen die Aufstellung einer ordnungsgemäßen Beschilderung des Naturschutzgebietes mit Hinweisen zu Verhaltensweisen in dem Schutzgebiet dringend erforderlich ist. Immerhin entdeckte die Exkursionsgruppe einige Personen mit unangeleinten Hunden.

Im weiteren Verlauf der Neujahreswanderung waren Folgen des Orkans „Friederike“ am 18.01.2018 sowie der langjährigen Abholzungen in den Bereichen Linkersches Holz, Borntal und Hagenbruchschen Holz deutlich erkennbar. Neben den nunmehr häufig u.a. mit Trameten und Becherlingen bepilzten Baumstümpfen waren die Rückegassen mit den mehr oder minder tiefen Fahrspuren deutlich erkennbar. Dabei kam zum Ausdruck, dass die bisherige forstwirtschaftliche Nutzung den Wald massiv geschädigt hat und bei Fortsetzung dieser Holzwirtschaft weitere massive Schädigungen zu erwarten sind. Für die Exkursionsgruppe kann eine sukzessive Entwicklung des Waldes am Ettersberg als Alternative in Frage kommen. Erfreulicherweise haben sich im Linkerschen Holz und im Borntal umfassende Jungbestände von Traubeneiche und Rotbuche entwickelt, welches unbedingt zu schützen und zu erhalten gilt. Dies bedeutet u.a. dass ein Betreten und Befahren dieser Bereiche unbedingt auszuschließen sind.

Die Exkursionsgruppe bekräftigte zudem die Tatsache, dass die Prinzenschneise drei Naturschutzkategorien nach nationalem und europäischem Recht besitzt. Dazu gehören der Status als Naturschutzgebiet sowie die Ausweisung als EU-Vogelschutzgebiet Ackerhügelland und im FFH-Gebiet Nr. 45 „Großer Ettersberg“. Da verbietet sich aus Sicht des AHA jegliche forstwirtschaftliche Nutzung. Ferner haben es Politik und Verwaltung versäumt Holzbedarfe zu ermitteln, langfristig Waldflächen zu erweitern und somit einen größeren Holzaufwuchs verhindert. Nunmehr auf die Baumbestände von Schutzgebieten zurückzugreifen ist der falsche Weg, da diese als Lebens- und Rückzugsraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten fungiert sowie sehr große Bedeutungen als Erholungsraum für die Bevölkerungen und im Biotop- und Grünverbund besitzen.
Mit Entsetzen hat die Exkursionsgruppe die umfassende Aufschichtung von Stämmen von Traubeneichen, Rotbuchen, Birken, Winterlinden und Bergahorn im Bereich des Heichelheimer Weges aufgenommen. Die abgeholzten Stämme verdeutlichten, dass Thüringen Forst offenbar an den Abholzungen festhält, obwohl Linkersches Holz, Borntal und Hagenbruchschen Holz kaum noch Bäume mit mutmaßlichem Alter über 150 Jahren enthalten. Das nicht mehr Vorhandensein von Altbaumbeständen als bedeutsamer Lebensraum und Nahrungsmöglichkeit für zahlreiche Tierarten, ihrer klimarelevanten Funktionen sowie als prägende Elemente des Wald- und Landschaftsbildes erfüllte die Exkursionsgruppe mit sehr großer Sorge.
Für den AHA ergeben sich aus der Veranstaltung folgende Schlussfolgerungen, Anregungen und Vorschläge:

  • Die Abholzungen mit einhergehendem Einsatz von schwerer Technik innerhalb eines sehr vielfältigen Schutz- und Erholungsgebietes haben deutlich sichtbar zu massiven Schädigungen am Gehölzbestand und an den Böden geführt. Daher erscheint ein genereller Ausschluss der forstwirtschaftlichen Nutzung im Interesse einer naturnahen Entwicklung der sinnvollste Weg zu sein. Die Entwicklung des Waldes befindet sich eng in einer Korrelation mit Klima und Wetter. Menschliche Eingriffe verschärfen eher die Situation und behindern die standortgerechte Entwicklung der Natur. Darin eingebettet ist eine weitere Entwicklung von Stiel- und Traubeneiche möglich. Der Wald in der Prinzenschneise verfügt über die notwendige Saatgutbasis und punktuellen Lichtverhältnisse. Besondere Entwicklungsräume bestehen auf Lichtungen in Folge von Baumumstürzen und an Saumenbereichen. Erfreulicherweise haben sich Sämlingsbestände von Traubeneiche und Rotbuche weiterentwickeln. Das lässt die Einschätzung zu, dass eine sukzessive Verjüngung des Waldbestandes erfolgen kann. Gezielte zusätzliche Aussaaten von Eicheln gilt es zu prüfen und zu testen. Andrerseits reicht die natürliche Verjüngung des Waldes aus, um den Waldbestand zu erhalten und zu
    verjüngen. Ein Befahren und Betreten bzw. forstwirtschaftliche Aktivitäten bedrohen jedoch diese sehr wünschenswerte Entwicklung.
  • Als gültige Rechtsgrundlagen und Behandlungsrichtlinien für das NSG „Prinzenschneise gelten noch immer Anordnungen und Behandlungsrichtlinien aus den sechziger und achtziger Jahren. Dazu zählen die Anordnung Nr. 1 über Naturschutzgebiete vom 30. März 1961 sowie die Behandlungsrichtlinie für das NSG „Prinzenschneise“ aus dem Jahr 1965, die Allgemeine Behandlungsrichtlinie für die Naturschutzgebiete des Bezirks Erfurt vom Oktober 1987 und der überarbeitete Entwurf einer „speziellen Behandlungsrichtlinie“ aus dem Jahr 1988. Eine der europäischen Natura-2000 – Richtlinie angepasste Verordnung des Naturschutzgebietes liegt nicht vor, ist aber längst überfällig. Eine FFH-taugliche Überprüfung und Wertung fehlt momentan vollständig. Schon diese Tatsache macht einen sofortigen Stopp aller forstwirtschaftlichen Aktivitäten in der Prinzenschneise erforderlich.
  • Die Zertifizierung nach dem System Pan European Forest Certification (PEFC) ist keinesfalls unumstritten. Im gewissen Sinne ist PEFC als Gegenmodell zu dem im Jahr 1993 ins Leben gerufenen Forest Stewardship Council (FSC) zu sehen. Im Gegensatz zum FSC, wo Umweltverbände und Waldbesitzer praktisch gleiches Mitspracherecht besitzen, gründeten Mitte der neunziger Waldbesitzerverbände und die Forstindustrie u.a. in Europa PEFC, welche diese Mitspracherechte nicht in dieser Form praktiziert. Zudem basieren die FSC-Audits auf vielen Vorschriften und behördliche Überwachungsmechanismen für Umweltschutz. Aber auch der FSC ist nicht ganz unumstritten, da er teilweise auch Baumplantagen zertifiziert hat. Ein wesentlicher Kritikpunkt an allen Zertifizierungssystemen ist jedoch, dass man sich die Zertifizierungen „erkauft“. Zudem leben auch die sogenannten „unabhängigen“ Gutachter davon. Im konkreten Fall ist vollkommen unverständlich, wie ein von umfassenden Abholzungen angegriffener Wald wie das Naturschutzgebiet „Prinzenschneise“ ein PEFC-Zertifikat erhalten kann.
  • Aus diesen Wahrnehmungen und Feststellungen heraus erscheint es dringend notwendig zu sein, eine wissenschaftlich fundierte Schutz- und Entwicklungskonzeption für den gesamten Ettersberg zu erstellen. Diese kann durchaus auf umfassende Erfassungen zu Fauna, Flora, Geologie, Geschichte und Archäologie zurückgreifen und aufbauen. Diese wissenschaftliche Arbeit muss dann als öffentliche Beratungs- und Diskussionsgrundlage dienen und letztendlich in eine für die Verwaltungen und Allgemeinheit verbindlichen politischen Entscheidungs- und Beschlussprozess einmünden. Dazu zählen u.a. den Natura 2000 – Recht angepasste Verordnungen für die Naturschutzgebiete im Bereich des Ettersberges. Insofern gilt es umfassende Gesprächsformate zur Politik im Freistaat, zur Stadt Weimar und Landkreis Weimarer Land sowie aber auch zu wissen-schaftlichen Einrichtungen anzubahnen, weiterzuentwickeln und zu intensivieren. Ferner gilt es das dringende Schutzbedürfnis des Ettersberges und die verbundene Umsetzung nationaler und europäischer Naturschutzregeln im Wahlkampf zu den Wahlen zum Landtag des Freistaates Thüringen am 27.10.2019 zu thematisieren.
  • Es gilt sich verstärkt für den Schutz, den Erhalt und die Entwicklung des Ettersberges im Blickfeld als vielfältigen Natur- und Landschaftsraum mit ökologischer, historischer, archäologischer und touristischer Bedeutung einzusetzen. In dem
    Verbund spielt das vielfältig geschützte 88 ha große Waldgebiet „Prinzenschneise“ eine sehr wichtige Bedeutung.
    Im Rahmen weiterer möglicher Exkursionen gilt es die interessierte Öffentlichkeit über die Ausgangssituation zu informieren und eigene Vorschläge zum Schutz, zum Erhalt und zur Entwicklung des arten- und strukturreichen Waldgebietes darzulegen.

Ferner bekräftigt der AHA erneut seine Bereitschaft im Rahmen seiner ehrenamtlichen und gemeinnützigen Möglichkeiten sein Wissen sowie seine Erfahrungen einzubringen. Außerdem bietet sich der ehrenamtliche und gemeinnützige AHA an, Interessenten eine Plattform zur Mitwirkung bereitzustellen. Wer Interesse hat sich ehrenamtlich für den Schutz, den Erhalt und die Entwicklung von Umwelt, Natur und Landschaft in Weimar & Weimarer Land einzusetzen, wende sich bitte an folgende zentrale Anschrift des AHA:

Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – (AHA)
Große Klausstraße 11
06108 Halle (Saale)
Tel.: 0345 – 2002746
E-Mail: aha_halle@yahoo.de
Internet: http://www.aha-halle.de

Fotos Andreas Liste

Fotos Isabell Schneider