Stellungnahme zum Planänderung Hochwasserschutz Blankenstein, Umbau der Fischaufstiegsanlage am Wehr als Ersatzmaßnahme

I. Grundsätzliches

Bekanntlich gehören Fluss- und Auenlandschaften zu den arten- und strukturreichsten Landschaften und Naturräumen der gemäßigten Zonen. Sie bieten punktuell und flächendeckend Lebens- und Rückzugsraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten, bil-den Kaltluft- und Frischluftentstehungsgebiete und fungieren als Ventilationsbahnen sowie üben sehr wichtige Funktionen als Hochwasserausbreitungs-, Biotop- und Grün-verbundraum aus. Ferner dienen sie als Erholungsraum für die Menschen.

Hier gilt es nach Auffassung des Arbeitskreises Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA – verstärkt Rahmenbedingungen zu schaffen, dass eine naturnahe Entwicklung des Fließgewässers und ihrer Aue sowie angrenzender Umwelt, Natur und Landschaften möglich ist. Dies ist wichtig als Lebens- und Rückzugsräume für Fauna und Flora, Hochwasserraum, Frisch- und Kaltluftentstehungsgebiete und -korridore sowie Biotop- und Grünverbundraum zu dienen.
Auf der Basis dieser Ausgangssituation ergibt sich seitens des Arbeitskreises Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA – folgende Stellungnahme:

II. Zu den Verfahrensunterlagen

Im ersten Abschnitt des Punktes 4 Beschreibung des Bauvorhabens ist folgendes vermerkt, Zitat: „Die Beschreibung des Bauvorhabens basiert auf dem Erläuterungsbericht zur Entwurfs- und Genehmigungsplanung [IfBW 19], dem Gesamtübersichtsplan [IfBW 20-1] sowie auf Informationen des technischen Planers [IfBW 20-2]. Für eine detaillierte Darstellung des Vorhabens wird auf diese Unterlagen verwiesen.“, Zitat Ende
Diese Unterlagen liegen in aktueller Form nicht vor.
Unter gleichem Punkt ist unter dem Zwischenpunkt Stand der Baumaßnahmen folgendes ausgeführt, Zitat: Der erste Bauabschnitt im Bereich zwischen dem Stauwehr und den Frischwasserbecken befindet sich in der Umsetzung. „Die Fertigstellung ist bis Ende Mai 2023 geplant. Der zweite Bauabschnitt im Bereich der Kühltürme bis zum Werkstattgebäude im nördlichen Teil des Geländes wird voraussichtlich im Jahr 2024 realisiert.“, Zitat Ende
Diese Ausführungen lassen vermuten, dass während des Planungsverfahren vollendete bauliche Tatsachen entstehen und somit das aktuelle Verfahren zu einer Farce mutiert.
Anhand der Ausführungen unter Punkt 5.2 Schutzgut Boden ist von folgender Altlastensituation auszugehen, Zitat: „Eine weitere Vorbelastung bilden Altlastenstandorte, da von ihnen eine Gefährdung des Bodens durch Kontaminationen mit Schadstoffen ausgeht. Im Thüringer Altlasten-Informationssystem (THALIS) ist das Gelände der Zellstoff- und Papierfabrik als Altstandort (THALIS-Kennziffer 14868) erfasst. Die zuständige Behörde hat den Standort im Rahmen der Ersterfassung als Verdachtsfall eingestuft und es wurden eine Grundlagenermittlung/Projektvorbereitung sowie eine Historische Erkundung und Bewertung durchgeführt.“, Zitat Ende
Angaben zu Art und Weise sowie Umfang der Altlasten liegt den Planungsunterlagen nicht vor und entzieht sich so einer ordnungsgemäßen Bewertung.
Unter Punkt 6.3 Anlagebedingte Auswirkungen ist eine Neuversiegelung von Boden im Umfang von 98,00 m² = vermerkt. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) zur aktuellen täglichen Neuausweisung von Siedlungs- und Verkehrsflächen in der Bundesrepublik Deutschland folgendes angibt, Zitat: „Täglich werden in Deutschland rund 55 Hektar als Siedlungsflächen und Verkehrsflächen neu ausgewiesen. Dies entspricht einer Flächenneuinanspruchnahme – kurz Flächenverbrauch – von circa 78 Fußballfeldern.“, Zitat Ende
Ferner ist folgendes ausgeführt, Zitat:
Bis zum Jahr 2030 will die Bundesregierung den Flächenverbrauch auf unter 30 Hektar pro Tag verringern. Diese gegenüber der Nachhaltigkeitsstrategie von 2002 verschärfte Festlegung wurde vom Bundeskabinett bereits im Januar 2017 in der „Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie – Neuauflage 2016“ festgelegt. Seit dem Klimaschutzplan vom November 2016, der die Leitplanken für ein grundsätzliches Umsteuern in Wirtschaft und Gesellschaft auf dem Weg zu einem treibhausgasneutralen Deutschland beschreibt, strebt die Bundesregierung bis 2050 sogar das Flächenverbrauchsziel Netto-Null (Flächenkreislaufwirtschaft) an, womit sie eine Zielsetzung der Europäischen Kommission aufgegriffen hatte. Diese Zielsetzung hat während der deutschen Ratspräsidentschaft 2020 Eingang in die Erwägungen für eine EU-Biodiversitätsstrategie gefunden und wurde im März 2021 nun auch in die weiterentwickelte Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie aufgenommen.“, Zitat Ende

https://www.bmuv.de/themen/nachhaltigkeit-digitalisierung/nachhaltigkeit/strategie-und-umsetzung/flaechenverbrauch-worum-geht-es

Das ergibt im Jahr einen Flächenverbrauch im Umfang von 20.075 ha. Im Vergleich dazu hat die Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt Magdeburg eine Fläche von 20.103 ha = 201,03 km².

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1233769/umfrage/flaeche-der-grossstaedte-deutschlands/

Nach Auffassung des Arbeitskreises Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA -, ist bereits diese Anzahl, angesichts des fortgeschrittenen Flächenverbrauches, viel zu hoch.
Angesichts der deutschlandweiten, besorgniserregend voranschreitenden Bodenversiegelung hält der AHA für sehr bedenklich.

Der bisherige Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD hatte zu Flächenverbrauch folgendes vermerkt, Zitat:

Flächenschutz
Unser Ziel ist, den Flächenverbrauch bis zum Jahr 2030 auf maximal 30 Hektar/Tag zu halbieren. Wir prüfen, mit welchen zusätzlichen planungsrechtlichen und ökonomischen Instrumenten das Ziel erreicht werden kann.“, Zitat Ende

Im nunmehrigen Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP steht dazu unter „Bodenschutz“ auf den Seiten 41 und 42 folgendes, Zitat:

Um den Flächenverbrauch für Siedlungs- und Verkehrszwecke auf das 30-ha-Ziel bis spätestens 2030 zu reduzieren, werden wir Anreize setzen, Fehlanreize vermeiden und durch wirksame Initiativen Versiegelung reduzieren.“, Zitat Ende

Daher ist jegliche weitere Bodenversiegelung, noch dazu in der Aue eines Flusses als sehr bedenklich anzusehen.

Darüber hinaus sind im Rahmen der Eingriffe in die Aue der Saale folgende Planungen als sehr problematisch anzusehen, Zitat: „Die Zellstoff- und Papierfabrik Rosenthal GmbH (ZPR) plant im Rahmen des Projektes „HQ100-Sicherung des Werksgeländes an der Saale“ Bau- und Sanierungsmaßnahmen im Böschungsbereich am Ufer der Saale. In diesem Zusammenhang müssen 169 Laubbäume gefällt werden.“, Zitat Ende
Derartige Eingriffe in Umwelt, Natur und Landschaft sind inakzeptabel, da ein massiver und zerstörerischer Eingriff in den Baumbestand stattfindet. Bäume haben eine vielfältige Bedeutung als Lebens- und Rückzugsräume für Tiere, sie dienen der Verbesserung der Luft und des Landschaftsbildes, bieten Böden Halt sowie bewirken durch Beschattung Abkühlung.

Zudem findet die Rückgabe von Retentionsflächen an die Saale in den Betrachtungen überhaupt keine Rolle. So regt der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA – den vollständigen Rückbau des Parkplatzes Blankenberg an, welcher eigenen Messungen zu Folge 269,44 m x 39,69 m = 10.694,07 m² = 1,07 ha groß ist. Dieser Parkplatz befindet sich in der Prallhangrichtung und kann umfassend Hochwasser abfangen.

Somit sieht der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA – die angedachten Baumaßnahmen als nicht notwendig an sowie lehnt sie zudem auf Grund der zu befürchtenden zerstörerischen Eingriffe ab.

III. Schlussbemerkungen

Bekanntlich gehören Fluss- und Auenlandschaften zu den arten- und strukturreichsten Landschaften und Naturräumen der gemäßigten Zonen. Sie bieten punktuell und flächendeckend Lebens- und Rückzugsraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten, bilden Kaltluft- und Frischluftentstehungsgebiete und fungieren als Ventilationsbahnen sowie üben sehr wichtige Funktionen als Hochwasserausbreitungs-, Biotop- und Grünverbundraum aus. Ferner dienen sie als Erholungsraum für die Menschen.
Diese vielfältigen Funktionen erfordern jedoch eine naturnahere bis naturnahe Entwicklung.
Der ehrenamtliche und gemeinnützige Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. bietet gerne seine Erfahrungen und fachlichen Kenntnisse an.

Der Kontakt lautet:

Arbeitskreis Hallesche Auenwälder
zu Halle (Saale) e.V. – AHA

Große Klausstraße 11

06108 Halle (Saale)

E-Mail: aha_halle@yahoo.de

Andreas Liste
Vorsitzender

Halle (Saale), den 11.09.2023