Stellungnahme zum Antrag auf Netzverstärkung Helmstedt-Wolmirstedt (BBPlG Nr. 10, Abschnitt C) – „Höchstspannungsleitung Wolmirstedt – Helmstedt Ost – Wahle; Drehstrom Nennspannung 380 kV“ Abschnitt Landesgrenze Niedersachsen/Sachsen-Anhalt – Umspannwerk Wolmirstedt

I. Grundsätzliches

Die grundsätzliche Sichtweise des Arbeitskreises Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA – geht davon aus bestehender Natur und Landschaften zu erhalten sowie von störenden Einflüssen wie Verbauung, Verlärmung und Verschmutzungen aller Art freizuhalten. Dabei gilt es vom gegenwärtigen Bestand an Fauna und Flora sowie Belastungen aller Art auszugehen sowie auf wissenschaftlichen Grundlagen Schutz- und Entwicklungskonzeptionen zu erstellen, welche die Grundlage für weitere Entwicklungen und Vorhaben bilden müssen.
Dabei ist folgendes zu beachten:
Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV)gibt zur aktuellen täglichen Neuausweisung von Siedlungs- und Verkehrsflächen in der Bundesrepublik Deutschland folgendes an, Zitat: „Täglich werden in Deutschland rund 54 Hektar als Siedlungsflächen und Verkehrsflächen neu ausgewiesen. Dies entspricht einer Flächenneuinanspruchnahme – kurz Flächenverbrauch – von circa 76 Fußballfeldern.“, Zitat Ende
Ferner ist folgendes ausgeführt, Zitat:
Bis zum Jahr 2030 will die Bundesregierung den Flächenverbrauch auf unter 30 Hektar pro Tag verringern. Diese gegenüber der Nachhaltigkeitsstrategie von 2002 verschärfte Festlegung wurde vom Bundeskabinett bereits im Januar 2017 in der „Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie – Neuauflage 2016“ festgelegt. Seit dem Klimaschutzplan vom November 2016, der die Leitplanken für ein grundsätzliches Umsteuern in Wirtschaft und Gesellschaft auf dem Weg zu einem treibhausgasneutralen Deutschland beschreibt, strebt die Bundesregierung bis 2050 sogar das Flächenverbrauchsziel Netto-Null (Flächenkreislaufwirtschaft) an, womit sie eine Zielsetzung der Europäischen Kommission aufgegriffen hatte. Diese Zielsetzung hat während der deutschen Ratspräsidentschaft 2020 Eingang in die Erwägungen für eine EU-Biodiversitätsstrategie gefunden und wurde im März 2021 nun auch in die weiterentwickelte Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie aufgenommen.“, Zitat Ende

https://www.bmuv.de/themen/nachhaltigkeit-digitalisierung/nachhaltigkeit/strategie-und-umsetzung/flaechenverbrauch-worum-geht-es

Das ergibt im Jahr einen Flächenverbrauch im Umfang von 19.224 ha. Im Vergleich dazu hat die niedersächsische Großstadt Braunschweig eine Fläche von 19.200,00 ha = 192,00 km².

https://www.braunschweig.de/politik_verwaltung/statistik/statistische_angaben.php

Darüber hinaus ist dringend eine Umstellung der Energieumwandlung erforderlich. Dazu gehört die Abwendung von fossilen und atomaren Energiequellen. Nur so ist das alternativlose Erreichen der Klimaziele und die Umsetzung der Lehren aus Katastrophen der Nutzung von Kernenergie wie in Harrisburg, Tschernobyl und Fukushima möglich.
Alternativ sieht der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – AHA – die Einbeziehung von Dächern und Fassaden auf bzw. an Wohngebieten und auf bzw. an gewerblich genutzten Gebäuden zur Nutzung der Sonnenenergie sowie die Errichtung ortsgebundener, dezentraler Windkraftanlagen.

II. Zu den Verfahrensunterlagen – Erläuterungsbericht

Das fortgesetzte Handeln in Richtung Nutzung erneuerbarer Energieformen in Form von großen zentralen Anlagen führt nicht nur an dem Standort selbst, sondern bei der Verteilung in der großräumigen Fläche zu massiven Eingriffen in Landschafts- und Naturräumen sowie Beeinträchtigungen von ökologisch, landschaftlich und historisch geprägten Räumen. Davon ist bei allen drei erwähnten Trassenverlaufvarianten auszugehen.
In dem Zusammenhang ist mit zahlreichen Vogelzugtrassen sowie Jagdräumen von Fledermäusen, Greifvögeln und Eulen zu rechnen. Eine Tatsache, welche sich über Jahrtausende herausgeprägt hat und bestimmend ist. Zudem behindern derartige Trassen die Bildung von Wäldern und anderweitiger Gehölzflächen und -streifen, was somit einen negativen Einfluss auf den Schutz und Erhalt bestehender sowie Wiederherstellung von vielfältigen Agrarlandschaften sowie Biotop- und Verbundräumen hat.
Im konkreten Fall sind insgesamt 14 Natura-2000 Gebiete, davon zwei SPA-Gebiete, zwei Naturschutzgebiete und mindestens ein Landschaftsschutzgebiet im Bestand bedroht.
Diese Schutzgebiete dienen als Lebens- und Rückzugsräume besonders wertvoller Tier- und Pflanzenarten und haben daher einen entsprechenden Schutzstatus. Jegliche Eingriffe sind hier auszuschließen. Zudem gilt es diese Schutzgebiete verstärkt über Biotop- und Grünverbundräume miteinander sowie darüber hinaus zu vernetzen. Das angedachte Bauvorhaben bedroht die genannten Schutzgebiete sowie die potentiellen sowie bestehenden Biotop- und Grünverbünde, wozu neben den Agrarräumen auch die betroffenen 28 Gewässer und 8 Landschaftsräume dazugehören.
Ferner ist vorgesehen wertvollen Schwarzerdeboden in Anspruch zu nehmen, welcher Bodenwerte bis 100 aufzuweisen hat. Diese Baumaßnahmen entziehen auf einer Mindestlänge des Trassenkorridors im Umfang von 47,04 km weitere Bodenflächen zum Beispiel für die Aufstellung der Masten. Laut Punkt 4.1 Technische Angaben sind dabei folgende Daten alleine dafür zu Grunde zu legen:
Mindestlänge des Trassenkorridors: 47.04 km; Mastabstände zwischen 350,00 und 450,00 m; Versiegelung durch die Fundamentköpfe beträgt pro Maststandort ca. 4,00 m² bis 8,00 m²

47,04 km = 47.040,00 m : 450,00 m = 104,53 Masten, rund 105,00 Masten
47.040,00 m : 350,00 m = 134,40 Masten, rund 134,00 Masten

Versiegelung pro Maststandort ca. 4,00 m² bis 8,00 m²

134,00 Masten x 4,00 m²/Mast = 536,00 m²
134,00 Masten x 8,00 m²/Mast = 1.072,00 m²

105,00 Masten x 4,00 m²/Mast = 420,00 m²
105,00 Masten x 8,00 m²/Mast = 840,00 m²

Zudem ist mindestens während der Bauphase mit Zuwegungen zu rechen. Ebenfalls schließen sich Stromtrasse und ungehindertes Gehölzwachstum aus.
Somit ist von dauerhaften und vielfältigen Beeinträchtigungen in Natur und Landschaften auszugehen.

Außerdem ist mit massiven Energieverlusten zu rechnen, was sich u.a. nach der jeweiligen Auslastung der Stromleitungen richtet. Damit gekoppelt verliert eine Nutzung und Verteilung von auf der Basis erneuerbarer Energien erzeugtem Strom jeglichen nachhaltigen Charakter.
Dazu gehören zudem die Belastungen durch elektrische und magnetische Felder.
Laut Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) gilt es bezüglich der Belastungsgefahr für Umwelt, Mensch und Natur zu beachten, Zitat: „Längere Hochspannungs-Gleichstromleitungen sind in Deutschland erst in der Planung. Messwerte aus der Umgebung der Leitungen liegen noch nicht vor.“, Zitat Ende

https://www.bfs.de/DE/themen/emf/netzausbau/basiswissen/feldbelastungen/feldbelastungen_node.html

Ferner sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:

https://www.bfs.de/DE/themen/emf/netzausbau/schutz/grenzwerte/grenzwerte.html;jsessionid=1141F2A62AB1307BBE3C5FFB2C0B3D07.1_cid365

http://doris.bfs.de/jspui/handle/urn:nbn:de:0221-201011153619

https://www.energie-lexikon.info/hochspannungsleitung.html

Daher sind die Hinwendung, Nutzung und Förderung von Möglichkeiten dezentraler und zumeist ortsgebundener Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien unerlässlich.

III. Schlussbemerkungen

Die gegenwärtige politische Situation in Europa hat zum wiederholten Male zur Beeinträchtigung der mühsam erarbeiteten Nachkriegsordnung nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges im Jahr 1945 geführt. Einhergehend mit der momentanen katastrophalen Friedens- und Energiepolitik nimmt man weiterhin verstärkte Eingriffe und Folgen für Umwelt, Natur und Landschaft in Kauf. Dazu zählen bauliche Eingriffe mit Folgen für Mensch, Fauna, Flora, Hydrologie und Klima.

Der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) betrachtet u.a. aus obengenannten Gründen diese Entwicklung und somit das angedachte Vorhaben sehr kritisch und sieht sie im Widerspruch zu einer notwendigen lebenserhaltenden, ökologischen, friedlichen und sozialen Entwicklung auf unserer Erde, welche nach gegenwärtigem Erkenntnisstand, als einziger Planet die Bedingungen für Leben aufweist und somit eines besonderen Schutzes bedarf.

Andreas Liste
Vorsitzender

Halle (Saale), den 12.02.2023

Unterlagen A – Erläuterungsbericht