Bekanntlich ergaben sich mit dem Abzug der sowjetischen Streitkräfte bis zum Juli 1991 aus der Stadt Halle (Saale) auch für die einstige Garnison im heutigen Stadtteil Heide-Süd neue Entwicklungschancen. Dazu zählte nach Auffassung des Arbeitskreises Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) die Wiederherstellung eines offenen, landschaftlich und ökologisch sehr vielfältigen Tals des Saugrabens bzw. Nördlichen Kolonistengrabens. Nach zahlreichen und zähen Debatten nahm die hallesche Stadtpolitik im Frühjahr 1995 den Anlauf diesen sehr wichtigen Biotop- und Grünverbund sowie Kaltluft- bzw. Frischluftkorridor wiederentstehen zu lassen und von Bebauung freizuhalten. Mit dem Straßenkorridor der Blücherstraße besteht jedoch eine nicht zu unterschätzende Zerschneidungsfunktion. Ferner konnten es sich die Verantwortlichen der Stadt Halle (Saale) nicht verkneifen immer wieder massiv in das Fließgewässer und sein Tal mit Verschotterungen sowie übermäßiger Mahd der Wiesen und Schilfbestände einzugreifen. Darüber hinaus fand bzw. findet eine schrittweise weitere Heranführung neuer Wohnbebauungen von Heide-Süd an das Tal statt. Ebenso zerstörte man im September 2015 im Bereich der Kreuzung Blücherstraße/Begonienstraße eine wertvolle Wiese, um dort einen neuen Parkplatz für die nunmehrige Eissporthalle zu errichten. Diese Wiese grenzte nicht nur an Gehölzstrukturen und somit an das sich entwickelnde Gefüge des Saugrabens, sondern stellte bisher in der Blühphase Insekten zahlreich Nahrung zur Verfügung und bot Hasen Nahrung und Trocknungsfläche nach Niederschlägen. Diese Kriterien spielten offensichtlich bei den dafür Verantwortlichen keine Rolle. Der AHA muss daher feststellen, dass wieder eine Wiese Bulldozern, Schotter und nunmehr abgestellten Autos zum Opfer gefallen ist. Ferner versiegelte man grundlos und großzügig eines Wiesenbereiches für eine nunmehr eröffnete Wasserstofftankstelle. Neben den weiteren Verlust eines Lebens- und Rückzugsraum, weist der AHA darauf hin, dass es sich hier durchaus um Überflutungsaum der Saale handelt. In dem Blickwinkel betrachtet, hält der AHA weiterhin einen Rückbau für dringend geboten.
Zwischenzeitlich zeichnet sich offensichtlich die Umsetzung einer weiteren Bedrohung für den freien Raum im Saugrabental ab. Nach der Fällung von 8 großen, landschaftsbestimmenden Silberweiden hat man Baugelände für den von der evangelischen Schulstiftung in Mitteldeutschland beabsichtigten Schulneubau abgesteckt. Dafür hatte die Stadt Halle (Saale) 16.000 m² = 1,6 ha Fläche auf den Weinbergwiesen in Heide-Süd, zur Verfügung gestellt. Die evangelische Schulstiftung in Mitteldeutschland möchte auf der Fläche eine Grundschule mit einer Kapazität für 300 Schülerinnen und Schüler zu bauen, welche im Jahr 2023 fertiggestellt sein soll.
Medienberichten vom 10.07.2021 zur Folge, hat man nun den offiziellen Baustart des vermutlich 12,8 Millionen Euro teuren Vorhabens begonnen.
Nach fortgesetzter Ansicht des Arbeitskreises Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) ist das Vorhaben vom Grundsatz her als sehr begrüßenswert anzusehen, da es nicht weniger, sondern mehr Standorte für gute und qualifizierte Bildung geben muss.
Jedoch haben bereits die Vorbereitungen zum Bau auf den Weinbergwiesen zu massiven Schäden und Zerstörungen im Gehölzbestand geführt. Weitere räumliche Einschränkung des Saugrabentals mit seinen angrenzenden Gehölz-, Wiesen- Stauden-und Wasserflächen mit Feuchtgebieten ist zu erwarten.
Der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) weist darauf hin, dass das Baugebiet Bestandteil der Altaue der Saale ist und zum Überflutungsgebiet der Saale gehört. Das Hochwasser im Juni 2013 hatte sich hier umfassend ausgebreitet.
Jedoch ignorieren in bekannter Manier das Land Sachsen-Anhalt und die Stadt Halle (Saale) derartige Bedenken. Im konkreten Fall haben sich der Evangelische Kirchenkreis und die Schulstiftung dieser Ignoranz angeschlossen. Dabei müssten gerade Bildungseinrichtungen sich dem Schutz, dem Erhalt und Entwicklung von Umwelt, Natur und Landschaft stellen und nicht deren Zerstörung vorantreiben. Immerhin möchte man auch Kinder unterrichten, welche womöglich die Folgen auch dieser falschen und zerstörerischen Investitions-, Planungs- und Baupolitik ausbaden.
Nach gefestigter Auffassung des Arbeitskreises Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) dient offensichtlich der brachial und rechtswidrig begonnene Neubau eines Deiches entlang des Nordostrandes des Gimritzer Dammes der beschleunigten Umsetzung des kirchlichen Skandalneubaus. Das Land Sachsen-Anhalt und die Stadt Halle (Saale) tragen entscheidende Mitverantwortung für die Herangehensweise. Bereits die Planung des Gimritzer Dammes, welche ein klassisches Stückwert beim falschen Umgang mit Hochwasser darstellt und man inmitten eines Klageverfahrens beim Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt begann, beruht somit auf einem Konstrukt aus Unwahrheiten und Ignoranz. Nicht die Zurückhaltung des Hochwassers aus Halle-Neustadt scheint der Motor des Geschehens zu sein, sondern die Schaffung von neuem Bauland im Saugrabental/Weinbergwiesen.
An der Stelle möchte der AHA noch einmal darauf hinweisen, dass das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit zur aktuellen täglichen Neuausweisung von Siedlungs- und Verkehrsflächen in der Bundesrepublik Deutschland folgendes angibt, Zitat: „Täglich werden in Deutschland rund 58 Hektar als Siedlungsflächen und Verkehrsflächen neu ausgewiesen. Dies entspricht einer Flächenneuinanspruchnahme – kurz Flächenverbrauch – von circa 82 Fußballfeldern.“, Zitat Ende
Das ergibt im Jahr einen Flächenverbrauch im Umfang von 21.170 ha. Im Vergleich dazu liegt diese Zahl zwischen der Fläche der Stadt Essen (21.034 ha) und der Stadt Lübeck (21.419 ha).
Für den Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) sind die Errichtung der Deichmauer an der Gimritzer Damm und der begonnene Schulneubau eine Seite der Medaille und Beispiele für einen unsachgemäßen und unverantwortlichen Umgang mit Umwelt, Natur und Landschaft in der Stadt Halle (Saale), welchen es endlich zu beenden gilt.
Daher fordert der AHA den Landtag und die Landesregierung des Landes Sachsen-Anhalt sowie den halleschen Stadtrat sowie den amtierenden Oberbürgermeister der Stadt Halle (Saale), seine Beigeordneten und seine Verwaltung auf den Schutz und Erhalt der Saugrabenaue und Weinbergwiesen mit Gehölz-, Wiesen- Stauden- und Wasserflächen mit Feuchtgebieten sowie ihrer sehr wichtigen Bedeutung als Biotop- und Grünverbund sowie Kaltluft- bzw. Frischluftkorridor zu orientieren und daher eine weitere Verbauung und Eingriffe in Natur und Landschaft nicht zuzulassen. Ferner gilt es sukzessive Gehölzentwicklungen nicht nur im Bestand zu erhalten, sondern auch deren Ausweitung zu fördern und zu schützen.
Ferner fordert der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) den Evangelischen Kirchenkreis und die evangelische Schulstiftung in Mitteldeutschland auf, sich nicht am Verbau von Altaue und Überflutungsraum von Saale sowie am zerstörerischen Raubbau an Umwelt, Natur und Landschaft zu beteiligen. Ein erster Schritt ist der sofortige Stopp des Neubaus Grundschule im Bereich der Weinbergwiesen im Saugrabental und die umfassende Sanierung der bisherigen Räumlichkeiten im Grasnelkenweg in Heide-Nord.

Andreas Liste
Vorsitzender

Halle (Saale), den 13.07.2021