Der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) führte planmäßig am Samstag, den 29.04.2017 eine ca. sechsstündige Fahrradexkursion entlang der Ilm bis zur Mündung in die Saale in Großheringen durch.

Die Fahrradexkursion bildet die Fortsetzung des ehrenamtlichen Engagements des AHA für den Schutz, den Erhalt und die Entwicklung des 128,7 km langen Flusses Ilm, welcher nach Saale, Werra und Unstrut der viertlängste Fluss Thüringens und viertlängste Nebenfluss der Saale ist. Es gilt die Ilm und ihre Aue als Lebens- und Rückzugsraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten, Überflutungsraum sowie Biotopverbund- und Naherholungsraum zu schützen, zu erhalten und womöglich umfassend zu erweitern. Dies erfordert einen umfassenden gesamtgesellschaftlichen Einsatz und eine Einbindung in die Schutzaktivitäten in der Saaleaue.

6-Apolda-Oberroßla_SüdlichGrenzeZuNiederroßla_BlickNachSüdwestenAufIlmAufwärts (1)

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Die Fahrradexkursion begann in der Stadt Apolda führte durch ihre Stadtteile Oberroßla und Zottelstedt, die Ortsteile Niederroßla und Mattstedt der Landgemeinde Ilmtal-Weinstraße, den Stadteil Wickerstedt der Stadt Bad Sulza, die Gemeinde Eberstedt, die Gemeinde Niedertrebra, Ortsteil Darnstedt sowie durch die Stadt Bad Sulza und endete in deren Stadtteil Großheringen. Auf der gesamten Strecke des Ilmradwanderweges ist der Weg weitgehend asphaltiert oder verläuft z.B. zwischen Wickerstedt und Eberstedt über eine alte landwirtschaftliche Strecke bestehend aus Betonplatten. Das erhöht zwar die Fahrqualität, bildet aber eine nahezu unüberwindbare Barriere für Klein- und Kleinsttiere, erhöht den Versiegelungsgrad sowie stört das Landschaftsbild. Hier gilt es nach Meinung der Exkursionsteilnehmerinnen und Exkursionsteilnehmer eine erneute Überprüfung geben.

Im Bereich von Oberroßla trafen die Exkursionsteilnehmerinnen und Exkursionsteilnehmer in Höhe einer Wasserkraftanlage auf die Ilm. An diesem Bauwerk war keine Möglichkeit für ungehindertes Wandern von Fischen erkennbar. Offenbar hatte man eine Stauanlage aus der DDR-Zeit unverändert übernommen und nur im notwendigsten Umfang baulich umgestaltet. Der weitere Verlauf der Ilm bis Niederroßla gestaltet sich weitgehend naturnah und ist von einer Vielfalt von Hang- und Auenwäldern und Wiesen eingerahmt. Erfreulicherweise haben die Waldgebiete die Möglichkeit sich sukzessiv zu verjüngen. Nach Auffassung der Exkursionsteilnehmerinnen und Exkursionsteilnehmer gilt es wissenschaftlich fundiert zu prüfen, inwieweit eine Einbeziehung eines alten Ilmmäanders nördlich des derzeitigen Ilmverlaufs hydrologisch und ökologisch möglich und sinnvoll erscheint.

Im Bereich der Mühlgasse zeigt sich der Ilmabzweig durchaus naturnaher entwickelt, war aber am Exkursionstag von sehr geringer Fließgeschwindigkeit geprägt. Womöglich durch die niedrigeren Wasserstände verschärft, waren sich die Exkursionsteilnehmerinnen und Exkursionsteilnehmer schnell einig, dass dadurch eine Ablagerung von Sedimenten eine Beschleunigung erfährt und zudem zu wenig Sauerstoffeintrag in das Flussystem zu erwarten ist. Gepaart mit sehr hohen Wassertemperaturen ist mit Sauerstoffarmut und einer eng damit verbundenen der Gefahr von Fischsterben zu rechnen.

In Zottelstedt führte der Weg der Ilm durch ein einseitiges Korsett aus Mauern, was deutlich als naturfern einzustufen ist. Die Exkursionsteilnehmerinnen und Exkursionsteilnehmer waren sich schnell einig, dass hier so schnell wie möglich ein wissenschaftlich fundiertes Konzept die Basis für alternative Entwicklungsmaßnahmen bilden muss. Das gleiche Bild ergab sich für die Exkursionsteilnehmerinnen und Exkursionsteilnehmer in Eberstedt und nicht zuletzt in Bad Sulza.

Das Ilmtal mit dem Flußverlauf zwischen An der Poche in Mattstedt und Wickerstedt schätzten die Exkursionsteilnehmerinnen und Exkursionsteilnehmer als bedeutsamen, naturnaheren Abschnitt des Fließgewässers ein. Wie bereits zwischen Oberroßla und Niederroßla festgestellt, prägen auch hier Hang- und Auenwäldern und Wiesen das Gebiet. Ergänzungen ergeben sich aus Resten einer vorrangig durch Äpfel geprägte Streuobstwiese am Westhang des Ilmradwanderweges. Neben der deutlich erkennbaren Schädigungen durch das Befahren mit Mountainbikes im Hangwaldbereich, ist der Zustand der Streuobstwiese als sehr besorgniserregend anzusehen. Große Fehlstellen, deutlich geschädigte und ungepflegte Obstbäume lassen bei fortgesetzter ausbleibender Betreuung und Pflege einen baldigen Totalverlust des Streuobstwiesenstandortes erwarten. Dabei bieten Hangausrichtung und akzeptale Erreichbarkeit gute Möglichkeiten die Streuobstwiese mit ihren Obstgehölzen sowie Blumen wie z.B. Himmelschlüsselchen zu schützen, zu erhalten und wieder aufleben zu lassen. Der AHA ist durchaus bereit im Rahmen seiner ehrenamtlichen und gemeinnützigen Möglichkeiten die Betreuung der Streuobstwiese zu übernehmen. Dies erfordert jedoch eine Klärung der Eigentums- und möglichen Pachtverhältnisse, das Vorhandensein möglicher Schutz- und Entwicklungskonzeptionen mit Arten- und Sortenlisten, mögliche Finanz- und Sachmittelunterstützungen bishin zu Unterstellmöglichkeiten für Geräte, Werkzeuge und Materialien. Ebenso entscheidend ist aber auch die Gewinnung Interessierter vor Ort, welche bereit und willens sind daran mitzuwirken.
Eine ähnliche Situation stellt sich an einem Südhang zwischen Wickerstedt und Eberstedt dar. Hier sind die großflächigen Auflösungserscheinungen der Streuobstwiese sehr deutlich zu erkennen. Die Streuobstwiese westlich eines Hangwaldes bedarf ähnlicher Maßnahmen wie bei zuvorgenannter Streuobstwiese. Auch hier wäre der AHA unter obengenannten Voraussetzungen bereit die Betreuung zu übernehmen.

Mit großem Unverständnis gestaltet sich der Ortseingang in die Gemeinde Eberstedt, wo eine ziemlich heruntergekommene Agraranlage als Abfalllager für verschlissene Autoreifen dient und vermutlich alte Güllegruben halbherzig abgesichert und randvoll gefüllt das Landschaftsbild in dem breiten Tal der Ilm prägen. Hier bedarf es aus Gründen des Umwelt-, Natur-, Landschafts- und Unfallschutzes einer unverzüglichen Abhilfe.

In Bad Sulza nahmen die Exkursionsteilnehmerinnen und Exkursionsteilnehmer nicht nur den direkten, viel zu häufig ausgebauten Verlauf der Ilm in Augenschein, sondern auch eine ziemlich ungeschützte Lößwand nordwestlich des Gradierwerkes „Louise“. Offenbar gab es verschiedene Ansiedlungsversuche von Vogel- und Insektenarten, welche offenbar durch Störungen vielfältiger Art bisher unterblieben. Als Störung dient garantiert auch das Abgraben mit dem Spaten. Dabei kann eine derartige Lößwand beispielsweise dem Bienenfresser, Uferseeschwalben und Wildbienen als Lebensraum dienen. Das erfordert jedoch Maßnahmen zur Abschirmung, wozu u.a. ein Zaun dienen kann.

Der Ilm-Abschnitt zwischen Bad Sulza und Großheringen war in der Vergangenheit durch massive Mäandrierungen mit der dafür typischen Wechselwirkung von Prall- und Gleithängen, Schnell- und Langsamfließstrecken sowie einer sehr vielfältigen Struktur an begleitenden Pflanzen geprägt. Das Umsortieren der Sedimente, was das Eintiefen ausschließt und die Schaffung von Schotter- und Kiesflächen ermöglicht, bietet ebenfalls zahlreichen Tierarten Lebensraum. Abrechende Uferkanten befördern diesen Prozess. Ein längerer Flusslauf, welcher mehr Wasser aufnehmen kann und die Freihaltung der Aue von baulichen Einschränkungen, schaffen ferner mehr Ausbreitungsräume für Hochwasser. Außerdem binden diese natürlichen Fließprozesse im Rahmen der Mäandrierung Wasserkraft.

Mit Unverständnis und Entsetzen mussten die Exkursionsteilnehmerinnen und Exkursionsteilnehmer feststellen, dass massive bauliche Eingriffe stattgefunden haben, welche offensichtlich die unnatürliche Behinderung bzw. Einstellung der Mäandrierung zum Ziel haben. Neben massiven Baumfällungen und Schotterungen sollen dazu Uferabbaggerungen und Verschotterungen in den Prallhangbereichen beitragen. Anpflanzungen, welche der Gefahr unterliegen bei einem Hochwasser eine Abspülung zu erfahren, sollen entweder ein „grünes Alibi“ darstellen oder die Uferbefestigungen biologisch verfestigen.

Nach Auffassung der Exkursionsteilnehmerinnen und Exkursionsteilnehmer stellen die Arbeiten entlang der Ilm, wo man selbst Bauschutt zur Verschotterung verwendete, einen massiven und unverantwortlichen Eingriff in die Fluss- und Auenlandschaft der Ilm dar und gilt es nicht nur zu stoppen, sondern wieder baulich rückgängig zu machen. Zudem stellen sie einen klaren Verstoß gegen die Wasserrahmenrichtlinie der EU (WRRL) dar. Ferner gehen die Exkursionsteilnehmerinnen und Exkursionsteilnehmer von Zusammenhängen zur baulichen Ausweitung des seit 1992 in Großheringen angesiedelten Zweigs des Familienunternehmens Viega mit seinem Seminarcenter und Werk in die Ilmaue aus. Die lobenswerte Schaffung von zahlreichen Arbeitsplätzen und Zahlungen von Gewerbesteuern rechtfertigen jedoch nicht derartige bauliche Aktivitäten.
Im Bereich der Einmündung der Ilm in die Saale in Großheringen, welche auch ein Teil des Verlaufes der Grenze zwischen dem Freistaat Thüringen und dem Land Sachsen-Anhalt bildet, ließen die Exkursionsteilnehmerinnen und Exkursionsteilnehmer die sechsstündige Fahrradexkursion zusammenfassend Revue passieren.

Dabei würdigten sie den weitläufigen naturnaheren Verlauf der Ilm mit den angrenzenden vielfältigen, strukturreichen Begleitlandschaften und –biotopen. Jedoch gibt es z.B. in Zottelstedt, Eberstedt und Bad Sulza auch stark verbaute Flussabschnitte. Besonders erschütternd sind die massiven baulichen Eingriffe im Ilmabschnitt zwischen Bad Sulza und des Stadtteiles Großheringen zu werten. Ferner ist eine deutliche Verarmung der Agrarstruktur zu erkennen. Wenn man sich vor Augen führt, dass zu DDR-Zeiten etwa 25 Anbaukulturen auf die Felder kamen, kann man heute von etwa maximal 7 Kulturen ausgehen. Hier bedarf es einer unverzüglichen Veränderung, welcher mit einer Förderung der Entstehung und Schaffung von Feldgehölzstreifen und –inseln einhergehen muss. Neben der Erhöhung der Arten- und Strukturvielfalt sowie der Verbesserung von Biotop- und Grünverbundsystemen dient das auch einer Verringerung von Bodenerosion durch Wind und Wasser. Insbesonderes Letzteres, verbunden mit dem Erhalt und Rückgabe von Auen an den Fluss Ilm reduzieren die Wahrscheinlichkeit von plötzlichen, starken und langanhaltenden Hochwassern. Nur so lassen sich die Erinnerungen an das Hochwasser der Ilm am 01.06.2013 an der Mündung in die Saale und am Bahnhof mit ökologischen Konsequenzen verbinden.

Der AHA ist jedenfalls im Rahmen seiner ehrenamtlichen und gemeinnützigen Möglichkeiten, bereit an dem Schutz, den Erhalt und Entwicklung der Ilm, ihrer Aue, ihrer Nebengewässer sowie angrenzender Natur- und Landschaftsbestandteile mitzuwirken.
Dazu gehören die Überlegungen zur Bildung einer ehrenamtlichen Arbeitsgruppe für die Ilm sowie von Ortsgruppen in Weimar, Apolda und Bad Sulza.

Wer Interesse hat sich noch mehr über die Aktivitäten des AHA zu erfahren bzw. gar in einer der geplanten Gruppen mitzuarbeiten, kann sich an folgende Anschriften wenden:

Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – (AHA)
Große Klausstraße 11
06108 Halle (Saale)
Tel.: 0345 – 2002746
E-Mail AHA: aha_halle@yahoo.de
Internet: https://www.aha-halle.de

Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. – (AHA)
Regionalgruppe Merseburg-Leuna-Bad Dürrenberg/Umweltbibliothek Merseburg „Jürgen Bernt-Bärtl“ (UBM)

Weiße Mauer 33
06217 Merseburg
Tel.: 0176 – 52562945
E-Mail AHA: aha_halle@yahoo.de
E-Mail UBM: ubh2004@yahoo.de

Fotos und Videos Andreas Liste

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