Planfeststellungsverfahren für die BAB 143 Westumfahrung Halle, VKE 4224, AS Halle-Neustadt (B 80) bis AD Halle-Nord

I. Grundsätzliches

  1. In der Bundesrepublik Deutschland werden nach Auskunft des Statistischen Bundesamtes und des Umweltbundesamtes täglich 70 bis 80 ha Boden für Verkehrsprojekte sowie Gewerbe- und Wohnflächen neu versiegelt. Das entspricht in etwa 66 Fußballfeldern und im Jahr der Fläche der Stadt München. Im Jahre 1992 waren es „noch“ 120 ha pro Tag. Die Bundesregierung unter Bundeskanzler Schröder hatte sich nach dem Regierungswechsel im Jahre 1998 das Ziel gestellt die tägliche Neuversiegelung auf 30 ha pro Tag zu senken. Wenn man den Planungsunterlagen Glauben schenken kann sollen mit der ca. 12,7 km langen BAB 143 Westumfahrung Halle (Saale) ca. 82,8 ha und mit dem Neubau der Ortsumfahrung Salzmünde – L 155n – ca. 3,0 ha Fläche neu versiegelt werden. Das umfasst eine Gesamtfläche von 85,8 ha (!). Eine Entwicklung, welche von wenig Zukunftsfähigkeit zeugt.
  2. Der AHA fordert ein massives Umdenken in der Verkehrs-, Umwelt-, Naturschutz- und Finanzpolitik, um derartige Verkehrsprojekte nicht weiter fortzusetzen und räumlich auszudehnen. Dies wäre auch ein sehr wichtiger deutscher Beitrag bei der Umsetzung der im Ergebnis der Klimakonferenz vom 30.11-11.12.2015 in Paris von 195 Staaten der Erde getroffenen Klimaschutzvereinbarung.
  3. Der mitteldeutsche Raum ist traditionell von einem eng verbundenen Eisenbahnnetz geprägt, welches direkte Anbindungen zu allen Regionen Deutschlands aufzuweisen hat. Bedauerlicherweise fanden schon bereits zu DDR-Zeiten Ausdünnungen im Bahnnetz (Hettstedter Bahn etc.) statt. Jedoch sind die Hauptstränge noch heute erhalten geblieben. Gemeinsam mit der Regionalisierung von Wirtschafts- und Stoffkreisläufen ist somit verstärkt auf dieses vorhandene Potenzial zurückzugreifen, anstatt neue Autobahnen zu errichten und Fließgewässer auszubauen. Im Jahr 1991 erklärte das Bundesverkehrsministerium, dass 50 % des Kfz.-Verkehrs nicht notwendig ist. Bereits an dieser Stelle anzusetzen wäre bereits der Schritt in die richtige Richtung.
  4. Immer wieder ziehen die steuerfinanzierten Projektträger das Totschlagargument Schaffung von Arbeitsplätzen heran. Das Forschungsvorhaben der Fachhochschule Erfurt vom Januar 2003 zum Thema: „Regionale Effekte der Fernstraßeninfrastruktur auf die wirtschaftliche Entwicklung in Thüringen“ stellt u.a. in den „Zusammenfassenden Schlussfolgerungen“ fest (Zitat):

    „Der Verkehrsinfrastrukturausstattung und besonders der Autobahnerreichbarkeit wird in der politischen Diskussion vor allem der Neuen Bundesländer großes Gewicht für die wirtschaftlichen Entwicklungsperspektiven beigemessen. Nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen treffen allerdings die Aussage, dass ein linearer Zusammenhang zwischen Infrastrukturausbau und regionaler Beschäftigungsentwicklung besteht. Unbestritten und empirisch belegt sind allein die direkten Beschäftigungseffekte aus dem Bau und dem Betrieb der Autobahnen“. Das diese jedoch keinen flächendeckenden und zahlenmäßig spürbaren Abbau der Arbeitslosigkeit zur Folge hat, liegt auf der Hand. Das Forschungsvorhaben führt weiter zum Thema aus (Zitat): Die Analyse der vorliegenden Fachliteratur verdeutlicht, dass auf Seiten der Regionalwissenschaft nach Abschluss der Bauphase großenteils kein direkter Einfluss des Autobahnbaus auf die wirtschaftliche Entwicklung gesehen wird. Vor allem mögliche sekundäre Beschäftigungswirkungen von Autobahnen infolge der verbesserten Erreichbarkeit von Regionen sind daher umstritten. Insbesondere für das Gebiet der alten Bundesländer ist in zahlreichen jüngeren Untersuchungen nicht mehr hinreichend belegbar, dass der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur mit wirtschaftlichem Wachstum einhergehen muss.“ Abschließend gilt es nachfolgende Aussagen zu beachten (Zitat): …Als Ergebnis der regionalstatistischen Analyse haben sich Autobahnen als nicht unbedingt notwendig und keinesfalls als hinreichend für eine positive regionalwirtschaftliche Entwicklung erwiesen. In einem geeigneten wirtschaftlichen Umfeld strukturstarker Regionen können sie zahlreiche regionalwirtschaftliche Indikatoren positiv beeinflussen, in strukturschwachen Teilräumen besteht allerdings die Gefahr, dass sich durch den beschleunigten Anpassungs- und Modernisierungsdruck der regionalen Wirtschaft die Probleme des Arbeitsmarktes zunächst sogar weiter verschärfen.“

Jahr Einwohner
2000 246.450
2001 241.710
2002 237.951
2003 238.078
2004 237.093
2005 235.959
2006 233.874
2007 232.267
2008 230.900
2009 230.377
2010 230.831
2011 231.639
2012 232.535
2013 232.705
2014 233.552
2015 238.321

Die Aufwärtsentwicklung der Einwohnerzahl in Halle (Saale) seit der letzten Stellungnahme vom 23.07.2012 im Umfang von 5.696 Personen lässt keinen grundlegenden Trendwechsel erkennen. Selbst der Einwohnerstand des Jahres 2001 ist noch nicht erreicht.

Selbst im Saalkreis zeichnet sich laut des damaligen Landrates Knut Bichoel (Interview in der Mitteldeutschen Zeitung vom 27.12.2002) seit dem Jahre 2000 bis Ende 2002 ein leichter Rückgang von 82.012 um 717 auf 81.295 Einwohner ab. Das ist ein sehr geringer Rückgang. Nur muss bedacht werden, dass bis zum Jahre 2000 die Einwohnerzahlen stiegen. Der nunmehrige Landkreis Saalekreis hatte noch Ende des Jahres 2009 199.025,00 Einwohner. Mit Stand 31.12.2012 waren es 189.217 Einwohner. Nunmehr umfasst die Einwohnerzahl des Landkreises Saalekreis mit Stand: 30.06.2015 185.987 Personen. Das ist ein Bevölkerungsrückgang von 10.959 Personen.

Wenn man den Bevölkerungsanstieg in der Stadt Halle (Saale) in Höhe von 5.696 Personen, den Bevölkerungsverringerungen im Landkreis Saalekreis im Umfang von 10.959 Einwohnern gegenrechnet, so beträgt im Berechnungszeitraum die Erhöhung der Einwohner in der Region gerade einmal 2.466 Einwohner. Diese Bevölkerungsentwicklungen gilt es zwingend zu berücksichtigen.

II. Natur- und Landschaftsschutz

Auf Grund der Lage des Planungsgebietes an der Nahtstelle von Landschaftseinheiten – „Östliches Harzvorland“, „Unteres Saaletal“ und „Hallesches Ackerland“ – sowie der damit verbundenen geologischen Entstehungsgeschichte haben sich wertvolle Landschafts- und Naturräume entwickelt. Dazu zählen Trockenrasen-, Halbtrockenrasen- und Heidegebiete auf Porphyrlandschaften sowie Trocken- und Halbtrockengesellschaften auf den Muschelkalkgebieten. Hinzu kommen die ausgedehnten Auenlandschaften im Einzugsgebiet der Saale sowie von Salza, Laweke und Würdebach. Zudem prägen vielfältige Streuobstbestände den Landschaftsraum. Diese Arten- und Strukturvielfalt ist europaweit einzigartig. Die Porphyrlandschaft westlich von Halle und das Muschelkalkgebiet stehen zudem unter europäischen Schutz. Schon mit der Planung derartiger Eingriffe in diesen beiden Gebieten stellt sich die Bundesrepublik offen gegen europäisches Recht – hier in der Gestalt der Flora-Habitat- (FFH) Richtlinie der Europäischen Union. Im übrigen auch ein klarer Verstoß gegen den einmütigen Beschluss aller EU-Mitgliedsstaaten europäisches in nationales Recht zu überführen. Zudem sind im 2 km Umkreis 2 Landschaftsschutzgebiete, 5 Naturschutzgebiete, 23 flächenhafte Naturdenkmale, 4 geschützte Landschaftsbestandteile und ein künftiger Naturpark betroffen. Beim Autobahnbau direkt werden ein flächenhaftes Naturdenkmal, 2 geschützte Landschaftsbestandteile, ein Landschaftsschutzgebiet und der künftige Naturpark „Unteres Saaletal“ total zerschnitten. Besonders betroffen sind Porphyrlandschaft westlich von Halle, der Zorges und die Auenlandschaften an Saale, Salza und Benkendorfer Bach. Die massiven Zerschneidungen bewirken eine weiträumige Zertrennung wertvollster Naturlandschaften, Lebens- und Rückzugsräume wertvoller Tier- und Pflanzenarten, welche keinesfalls zum Beispiel durch Grünbrücken zu kompensieren sind. Mit den so entstandenen Barrieren ist neben der flächendeckenden baulichen Zerstörung ganzer Natur- und Landschaftsräume mit einer massiven Verinselung von Tier- und Pflanzenbeständen zu rechnen. Ein genetischer Austausch kommt weitgehend bzw. ganz zum Erliegen. Verlärmung und Geruchsstörungen bewirken ihr Übriges. Bereits im Raumordnungsverfahren wurde festgestellt, dass: „… im gesamten Untersuchungsraum kein durchgängiger konfliktarmer Korridor vorhanden ist“, und dass Aus Sicht des Naturschutzes … das Vorhaben nicht vertretbar ist.“

Neben den naturräumlichen Beeinträchtigungen und Zerstörungen bewirken insbesondere die 968 m lange Saalebrücke für die BAB 143 sowie die 200 m lange Salza-Brücke und die 250 m lange Brücke über den Benkendorfer Bach für die L 159n eine massive technische Überprägung einer ganzen Region. Nicht nur aus der Sicht des Landschaftsschutzes eine verheerende Aussicht, sondern auch hinsichtlich der Naherholung der Menschen aus der Region und darüber hinaus. Die nunmehr aufgeführten baulichen und geringfügigen räumlichen Veränderungen tragen keinesfalls zur Entschärfung des Gesamtproblems bei. Selbst die Umverträglichkeitsprüfung meldet unter Punkt 3, Seite 22 der Umweltverträglichkeitsprüfung berechtigterweise Zweifel an der Wirkung „grüner Brückenbauwerke“ an.

III. Umweltschutz

  1. Im Zusammenhang mit dem Bau und möglichen Betrieb der Autobahn und ihrer Nebenanlagen ist mit einer massiven Verlärmung zu rechnen. Insbesondere die Bewohner von Schiepzig haben mit massiven Lärmbelästigungen in Folge der Überschreitung der Grenzwerte zu rechnen. Die Planungen weisen nachts nunmehr gar eine Steigerung des Lärmpegels von ursprünglich 70 dB auf zwischen 72,3 bis 73,6 dB aus. Bereits bei 45 dB ist nach DIN 18005 mit massiven Schlafstörungen zu rechnen. Auf Grund der vorrangigen Windrichtungen aus West, Nordwest und Südwest wird diese Tatsache noch weiter verschärft.
  2. Die Planungsunterlagen gehen von einer vermehrten Belastung mit Stickoxiden aus. Darüber hinaus ist mit einer rapide zunehmenden Gefährdung der Anwohner und der Umwelt mit Diesel, Ruß, Benzol, Blei, Kadmium und Toloul aus den Abgasfahnen zu rechnen. Da diese Abgasfahnen noch in 5 km nachweisbar sind ist mit einer weiträumigen Verseuchung zu rechnen. Zudem ist eine Verschmutzung der Kaltluftentstehungs- und Kaltluftsammelgebieten zu erwarten, welche durch Verwirbelung und thermische Prozesse in umliegende Gebiete verteilt werden können. Zudem besagen die Planungsunterlagen, dass mit massiven Schadstoffbeeinträchtigungen des Grundwassers zu rechnen ist. So sind von der 12.748 m Gesamtstrecke, allein mit ca. 6.700 m über die Hälfte der Strecke mit hoher Empfindlichkeit, ca. 4.300 m mit mittlerer Empfindlichkeit und ca. 1.000 m mit geringer Empfindlichkeit eingestuft worden. Unvorstellbar, welche Auswirkungen die langfristigen Einträge auf die Qualität des Grundwassers für die Nutzung durch die Menschen und die Natur der Region hat. Das insbesondere an heißen Tagen bodennah entstehende Ozon ist laut Deutscher Forschungsgemeinschaft begründet krebsverdächtig.

III. Umgang mit Hochwasser

Auf Grund der Erfahrungen der Sommer- und Winterhochwasser in den Jahren 2002/2003, 2011 und 2013 ist es erstaunlich, dass diese Möglichkeiten nur untergeordnet eine Rolle spielen. So fanden offenkundig keine Untersuchungen in Richtung Rückstau, Wasserverwirbelungen sowie der Möglichkeiten des Anstaus von Treibgut und Eisschollen statt. Die Kräfte die hier wirksam werden können sind nicht zu unterschätzen. Fakt ist auf jeden Fall das ein freier Abfluss des Hochwassers beim Bau der Saalebrücke erfahrungsgemäß eingeschränkt wird. Im welchem Umfang gilt es noch zu untersuchen.

V. Naherholung, Tourismus und Wohnqualität

  1. Infolge der zu erwartenden Lärmbelästigung, Luftverunreinigung sowie zunehmenden Belastungen von Böden und Grundwasser ist mit massiven Einbußen der Wohnqualität zu rechnen. Es ist mit der Zunahme von Atemwegs- und Krebserkrankungen, Kreislauf- und Herzbeschwerden, Schlafstörungen, Minderung des allgemeinen Leistungsvermögens und Wohlbefindens sowie gar Auswirkungen auf die Lebenserwartungen zu erwarten. In Folge dessen ist durchaus mit umwelt- und gesundheitlich bedingten Abwanderungen zu rechnen, welche bereits aus Gründen des Mangels an Arbeitsplätzen und der damit verringerten sozialen Sicherheit erfolgt. Die ebenfalls eintretende Wertminderung von Grundstücken führt zudem noch zu familiär-wirtschaftlichen Einbußen.
  2. Neben den unter 1.) Ursachen führen die Störungen landschaftlicher Zusammenhänge und Naturschönheiten zur erheblichen Minderung des Wertes für die Naherholung und den Tourismus. Die Umsetzung des im Landesentwicklungsplanes als „Vorsorgegebiet Erholung“ ist ebenso nicht möglich, wie die entsprechenden Zielstellungen für den Naturpark „Unteres Saaletal“. Die Umweltverträglichkeitsstudie zum Raumordnungsverfahrens sagt dazu aus: „Von entscheidender Bedeutung ist jedoch, dass neben diesem punktuellen Risiko der Gesamtraum des geplanten Naturparks Untere Saale in seiner Entwicklung in Frage gestellt wird. Damit wird ein gesamtes raumordnerisches Konzept (Vorsorgegebiet Erholung) seiner Grundlagen –der landschaftlichen Unberührtheit- beraubt.“

VI. Landwirtschaft

Im Rahmen der Baumaßnahmen würden zahlreiche landwirtschaftliche Nutzflächen verloren gehen. Eine Entwicklung, welche auch im Raum Halle seit dem Jahre 1990 bedrohliche Formen angenommen haben. Was einst mit der Schaffung von Satellitensiedlungen begann soll mit dem Bau der BAB 143 und der L 159n eine unrühmliche Fortsetzung finden. Dem Ziel des Schutzes des Bodens und der Entwicklung einer flächendeckenden nachhaltigen Landwirtschaft steht diese Entwicklung entgegen. Landwirtschaft, Bergbau und auch Fischfang stellten einst die Säulen der Tätigkeit der Menschen im Saalkreis dar. Bauliche und dokumentarische Zeugnisse weisen zur Genüge darauf hin.

VII. Archäologie und Denkmalpflege

Das Planungsgebiet stellte einst ein Grenzgebiet zwischen der fränkischen und sorbischen Macht- und Kulturbereiche dar. Zudem boten die natürlichen Rahmenbedingungen –ausgedehnte Wälder, Gewässer und fruchtbarer Boden- ideale Lebensbedingungen. Somit sind Denkmale und Fundstätten bis in die Steinzeit zurückreichend existent. Mit dem Bau dieses umfassenden Straßensystems ist mit endgültigen Verlusten entsprechender sächlicher Zeitzeugen zu rechnen.

VIII. Verkehr

Wie bereits unter I. dargelegt finden massive Abwanderungsbewegungen aus dem Land Sachsen-Anhalt statt, welche zumeist soziale Ursachen haben. Somit ist unverständlich, wie ohne Autobahnbau bis 2015 bzw. 2020 eine derartige Verkehrszunahme erfolgen soll. Es ist eher mit einer Sogwirkung in Folge des Autobahnbaus zu rechnen. In dem Zusammenhang sind die Prognosen des Raumordnungsverfahrens zu sehen, welche beispielsweise nach dem Bau und Inbetriebnahme der BAB 143 von einer Verdopplung der Verkehrsbelastung am Ortseingang von Halle (Knoten B 80) ausgeht. In dem Zusammenhang ist auch die Diskussion um einen neuen südlichen Saaleübergang im Gebiet der Stadt Halle (Saale) und der Gemeinde Teutschenthal, Ortsteil Angersdorf zu sehen. Aber auch der angedachte Bau der L 159n ist in diesem Lichte zu sehen. Die Belastungen für die dort lebenden Menschen und für die Umwelt sind ähnlich einzuordnen, wie in den vorangegangenen Punkten geschildert.

Nach neuesten Erkenntnissen kann die A 143 die ihr zugedachte Aufgabe, die Stadt Halle vom Durchgangsverkehr zu entlasten, nicht erfüllen. Die detallierte Verkehrszählung der Stadt Halle (Saale) vom 06. Mai 2009 hat zutage gebracht: Selbst auf den Hauptverkehrsachsen der Stadt Halle (Saale) fließt nur ein überraschend geringer Anteil an Durchgangsverkehr.

Der innerstädtische Verkehr entsteht nahezu ausschließlich im Stadtgebiet von Halle (Saale) selbst. Eine Verlagerung dieses Verkehrs auf eine Ortsumgehung ist daher nicht möglich. Infolge dieser aktuellen Verkehrszahlen gehen nunmehr auch die halleschen Verkehrsplaner davon aus, dass die geplante A 143 praktisch keinen Beitrag zur Verkehrsentlastung der Stadt Halle leisten kann. Erschreckend dabei ist, dass die fortgesetzte Fehlentwicklung der Verkehrspolitik gegenüber überlebensnotwendigen Belangen des Umwelt-, Natur- und Landschaftsschutz als höheres öffentliches Interesse eingestuft wird.

IX. Zusammenfassung

Das Vorhaben zur Errichtung der BAB 143 und des im Schlepptau angedachten Neubaus der L 159n zeugen von einer Verkehrs- und Umweltpolitik, welche nicht zukunftsfähig sein kann. Die Bundesrepublik Deutschland missachtet nicht nur Belange des Umwelt-, Landschafts- und Naturschutzes, der Wohn- und Lebensqualität, der Landwirtschaft, der archäologischen Denkmale sowie des Naherholung und des Tourismus, sondern setzt sich zudem über europäisches Recht hinweg. Erschreckend dabei ist, dass die fortgesetzte Fehlentwicklung der Verkehrspolitik gegenüber überlebensnotwendigen Belangen des Umwelt-, Natur- und Landschaftsschutzes als höheres öffentliches Interesse eingestuft wird.

Auf Grund der bedrohlichen globalen, überregionalen und regionalen Umwelt- und Rohstoffsituation ist ein sofortiges Umdenken erforderlich. Dazu gehören gerechter Welthandel, Regionalisierung von Wirtschaftskreisläufen, Verringerung von Transporten, verstärkte Nutzung der Bahnstrecken sowie Beförderung des Schienen- und Personennahverkehrs.

Auf Grund der angeführten Bedenken gilt es beide steuerfinanzierte Vorhaben sofort zu stoppen.

Verkehrsplanerische Untersuchung vom 01.03.2012

Zu 1.:
Der Ansatz überörtliche Verkehre auf ein Ballungsgebiet zu verteilen ist schon die falsche Herangehensweise. Verkehrsvermeidung und andere Verkehrsträger wie die Bahn zu netzen werden unzulässigerweise ausgeblendet. Die Verkehrsbewältigung zeigt keine moderne, umwelt- und naturverträgliche Herangehensweise auf. Das zeigt sich u.a. darin, dass laut Statistischem Bundesamt und Umweltbundesamt noch immer in Deutschland zwischen 70 und 80 ha Boden neu versiegelt wird.
Die getätigten Einwendungen kamen nicht nur vom NABU, sondern beruht auf einer sehr breiten Basis. Eine Reduzierung auf den NABU verzerrt somit unzulässigerweise die gesellschaftliche Ablehnung des Gesamtvorhabens.

Zu 2.1.:
Eine Ausdehnung des Untersuchungsraumes ist nicht nachvollziehbar dargelegt. Andrerseits verdeutlicht er aber auch, dass z.B. mit der BAB 38 die Gefahr einer Verkehrsmehrung in Folge einer Verkehrssogwirkung besteht.

Zu 2.2.:
Es ist nicht nachvollziehbar, warum nicht die tatsächlichen Verkehrsströme der umliegenden Autobahnen zu Grunde gelegt werden.

Zu 3.1.:
Nunmehr liegen klare Bevölkerungsentwicklungen für die Zeiträume nach dem 31.12.2008 vor, welche es zu Grunde zu legen gilt.

Zu 3.2.:
Die erfassten Daten über das Verkehrsverhalten berücksichtigt nicht die Ursachen, warum verstärkt der MIV genutzt wird. Dazu könnten nämlich starke Preissteigerungen, Ausdünnungen in den Netzen und Verringerung von Taktzeiten liegen. Eine ernsthafte Beratung über Verteilung der Kosten des ÖPNV auf die Gesamtbevölkerung und somit keine Erhebung mehr von gesonderten Gebühren gilt es verstärkt zu prüfen.

Zu 3.3.:
Es fehlen die Vergleichsdaten zu anderen Jahren. Somit sind die Aufzählungen unvollständig.

Zu 3.4.:
Die dort aufgeführten Verkehrsmaßnahmen beziehen sich ausschließlich auf Aus- und Neubau des Autobahn- und Straßennetzes. Eine unverantwortliche Herangehensweise angesichts der klimatischen Veränderungen und der tagtäglichen deutschlandweiten Versiegelung von 100 und 120 ha Boden

Zu 4.1.:
Das nur das Analysejahr 2009 zu Grunde gelegt wird, lässt überhaupt keine Vergleichsmöglichkeit zu anderen, eng aufeinander folgenden Jahren zu. Somit ist der wert der Analyse nur als sehr begrenzt einzuschätzen.

Zu 4.2.1.:
Die Ausführungen bestätigen nur, dass erst der Neu- und Ausbau von Bundesautobahnen und Straßen zur Mehrung von Verkehren beitragen. So ist davon auszugehen, dass der Weiterbau der BAB 143 diesen Prozess nur verstärken würde.
Verkehrsvermeidung und die Beförderung anderer Verkehrsträger wie Bahn spielen bei den Überlegungen überhaupt keine Rolle. Eine derartige Herangehensweise ist nicht akzeptabel und nicht zeitgemäß.

Zu 4.2.2.:
Es erfolgt eine unzulässige und unverantwortliche Ausblendung des Faktors Verkehrsvermeidung und Nutzung anderer Verkehrsträger.
Nach der eigenen Prognose wäre sogar mit einer Mehrbelastung im Umfang von 71.9000 Kfz/24 h zu rechnen.

Zu 4.2.4.:
Hier wird deutlich, dass diese Ortsumgehung Salzmünde im engen Zusammenhang zur nicht benötigten Erweiterung der BAB 143 steht. Zudem verdeutlicht dieses Vorhaben die anziehende, verkehrsvermehrende Wirkung im falle der Umsetzung des Vorhabens.

Zu Zusammenfassung:

Eine Verkehrssogwirkung auf die vorhandenen Autobahnen und Straßen sind deutlich erkennbar, während der Nachweis über eine angebliche Verkehrsentlastung ausbleibt. Die Planer vernachlässigen, neben den fehlenden Beweisen einer Verkehrsentlastung, dass die Stadt Halle (Saale) als Oberzentrum immer wieder angefahren wird. Eine Entlastung ist nur bei Verkehrsvermeidung und Umlagerung auf andere Verkehrsarten möglich. Diese Alternativen fanden keinen Eingang in die Verkehrsprognosen. Insofern zeigt die nunmehrige Untersuchung keine neuen Erkenntnisse auf und trägt somit nicht zur Änderung des Planungsverfahrens bei.